Münchner Freiheit:Räume für den Höchstbietenden - oder für alle?

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Die Ladenzeile im Forum Münchner Freiheit, das der Stadt gehört, soll von Herbst an für 2,5 Millionen Euro saniert werden. (Foto: Florian Peljak)
  • Schwabings Lokalpolitiker wollen am Forum an der Münchner Freiheit eine Begegnugsstätte für Bürger schaffen.
  • Die Stadtverwaltung hingegen vermietet die Läden auf dem freien Markt.
  • "Die Idee kommt zu spät", sagt der Sprecher des Kommunalreferats, Bernd Plank - die Ausschreibung laufe schon.

Von Stefan Mühleisen, Schwabing

Die Münchner Freiheit ist das pulsierende Herz Schwabings, doch sie ist auch städtebauliches Stückwerk. Ein fragmentierter Platz, im Süden ein wuseliger Bahnhof, im Norden ein öder Parkplatz - und in der Mitte eine terrassierte Beton-Landschaft im Flair der Siebzigerjahre - das so genannte Forum Münchner Freiheit.

Forum-Feeling kommt in diesem Souterrain-Bauwerk durchaus auf, an Sommertagen, wenn Passanten ihr Eis auf den Stufen schlecken oder im Dezember, wenn hier der stadtweit bekannte Weihnachtsmarkt stattfindet. Die Politiker im Stadtviertel finden seit langem: Da geht noch mehr. "Es ergibt sich jetzt die Chance, das Forum zu beleben", sagt Ekkehard Pascoe, für die Grünen im örtlichen Bezirksausschuss (BA) Schwabing-Freimann.

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Er hat dabei die Ladenflächen im Auge, die sich an der Ostseite des U-Bahn-Ausgangs entlang einer Sackgasse im Bauwerk erstrecken. Mehr als 40 Jahre lang war dort das "Café im Forum" einquartiert, auch einen Friseur gab es dort, nun stehen die stadteigenen Räume leer, eine Generalsanierung steht an.

Pascoe will in der nächsten BA-Sitzung einen Antrag einbringen, dass die Räumlichkeiten einer öffentlichen Nutzung zugeführt werden, als "bürgerschaftliche Begegnungs-, Veranstaltungs- und Präsentationsfläche". Allerdings: Das Ausschreibungsverfahren für künftige Mieter läuft bereits. "Die Idee kommt zu spät", sagt der Sprecher des Kommunalreferats, Bernd Plank.

Seit gut einem Jahr ist bekannt, dass die Haustechnik in dem Ladenensemble marode ist und erneuert werden muss; zudem ist von "gravierenden brandschutzrechtlichen Mängeln" die Rede: Sprinkleranlagen, Elektro-, Sanitär- und Heizungsanlagen sollen in der Liegenschaft erneuert werden, die seit Jahrzehnten im Eigentum der Stadt ist. 2,5 Millionen Euro hat der Stadtrat für die Sanierung bereits freigegeben.

Im Herbst sollen die Arbeiten losgehen, danach neue Gewerbemieter einziehen. Derzeit hat der Verein Innovator Space die Räume noch zur Zwischennutzung zur Verfügung. Dieser hält dort Veranstaltungen ab, etwa zur Zukunft der Immobilienwirtschaft oder der Start-up-Szene in München. "Da gibt es regen Zulauf", berichtet Grünen-Politiker Pascoe - was ihn zu der Schlussfolgerung führt: "Es gibt einen erheblichen Bedarf nach einer solchen Begegnungsstätte im Stadtteil."

Seine Idee: Die gewerblichen Läden sollen zu Räumen für die Öffentlichkeit werden, geführt von einem gemeinnützigen Trägerverein. Pascoe stellt sich einen variabel nutzbaren Bürgersaal vor, wo auch der Bezirksausschuss seine Sitzungen abhalten, Konzerte und andere Veranstaltungen stattfinden könnten. "Es geht darum, die Räume nicht kommerziell, sondern gemeinnützig zu nutzen", sagt Pascoe.

Das Kommunalreferat steht der Initiative keineswegs ablehnend gegenüber, wie Behördensprecher Plank betont. "Wir hätten eine bürgerschaftliche Nutzung gerne geprüft, doch nun läuft das Verfahren bereits." Es gebe einen klaren Stadtratsauftrag, klare Ausschreibungsrichtlinien. Das heißt: Die Rathauspolitik folgt der üblichen Praxis, die stadteigenen Liegenschaften nach Höchstgebot zu vermieten, gemäß dem Grundsatz, dass die Sanierungskosten, finanziert mit Steuergeld, auch wieder reinkommen sollen.

Eine subventionierte, bürgerschaftliche oder soziale Nutzung hätte wiederum der Stadtrat genehmigen müssen. "Die Planungen dauern bereits seit Jahren an. Die Öffentlichkeit wurde umfänglich eingebunden, es gab hinreichend Zeit, Einwände und Ideen einzubringen", sagt Behördensprecher Plank.

Der Bezirksausschuss hatte die Behandlung der Initiative zuletzt - unter Protest von Ekkehard Pascoe - vertagt und wird sich wohl in der April-Sitzung mit dem Antrag befassen. "Die Idee ist sehr charmant. Doch ich habe meine Zweifel, dass das Kommunalreferat sich die Einnahmen entgehen lässt", sagt der Vorsitzende des Gremiums, Werner Lederer-Piloty (SPD).

Nach seiner Einschätzung wird für die Monatsmiete ein fünfstelliger Betrag fällig. Er glaubt: Nur mit einem tragfähigen Finanzierungskonzept bestehe die Möglichkeit, zum Zug zu kommen. "Dennoch werde ich aus idealistischen Gründen für den Antrag stimmen, kündigt Lederer-Piloty an. "Es wäre durchaus eine große Chance, das Forum zu beleben".

© SZ vom 05.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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