Münchens Stadtbäche:Wasser marsch!

Badende im Eisbach in München, 2012

Jeder macht es, doch eigentlich ist es nicht ganz legal: Baden im Eisbach im Englischen Garten.

(Foto: Robert Haas)

Es rauscht und gurgelt in Münchens Untergrund, wo diverse alte Stadtbäche fließen. Green City und Münchner Forum wollen sie an einigen Stellen wieder ans Tageslicht holen. Ganz einfach wird das aber nicht.

Von Thomas Anlauf

München rauscht, nicht nur an der Isar. Wer etwa am St.-Anna-Platz im Lehel steht und genau hinhört, kann deutlich das Geräusch fließenden Wassers hören. Ein Bach ist aber nirgends zu sehen. Und doch fließen hier der Stadtmühlbach und der Stadtsägmühlbach nach Norden, allerdings unterirdisch. Es gibt noch einige Stellen in der Münchner Innenstadt, wo im Untergrund ein fast vergessenes Bächlein rauscht. Green City und das Münchner Forum starten nun einen erneuten Vorstoß, die alten Münchner Stadtbäche an einigen Stellen ans Tageslicht zu holen. Denn es ist gerade einmal 100 Jahre her, da war die Münchner Innenstadt ganz nah am Wasser gebaut.

Wilde Natur in der Großstadt

Seit einem Stadtratsbeschluss von 1999, den Auer Mühlbach nördlich des Nockherbergs wieder von seinem Betondeckel zu befreien, sind die Stadtbäche wieder verstärkt ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Ein Stück scheinbar wilde Natur inmitten der Großstadt ist mittlerweile sogar ein Verkaufsargument für Immobilienbesitzer geworden. Im Dreimühlenviertel lässt die Baywobau für eine vornehme Wohnanlage auf dem ehemaligen Rodenstock-Gelände den bislang unterirdisch fließenden Westermühlbach wieder an die Oberfläche bringen. Er plätschert künftig durch das 13 000 Quadratmeter große Gelände - allerdings auf Privatgrund.

Klaus Bäumler, langjähriger Vorsitzender des Bezirksausschusses Maxvorstadt und Mitglied im Münchner Forum, kann sich jedoch auch an anderen Stellen eine Öffnung der Stadtbäche vorstellen: etwa in der Herzog-Wilhelm-Straße nahe dem Sendlinger Tor. Dort fließt in vier bis fünf Metern Tiefe bis heute der Westliche Stadtgrabenbach in einem großen Bogen nach Norden, um am Südrand des Englischen Gartens als Schwabinger Bach an die Oberfläche zu treten.

"Man könnte das Wasser nach oben holen mit einem hydraulischen Widder", sagte Bäumler bei einer Veranstaltung von Green City über die Zukunft der Stadtbäche. Diese hydraulische Pumpe könnte einen Teil des Bachwassers auf einem kleinen Abschnitt in den Grünanlagen oder am Sendlinger Tor an die Oberfläche treten lassen. Auch Wolfgang Heidenreich von Green City schwebt Ähnliches vor, "etwa als Kunstprojekt" und nicht unbedingt als funktionierender Bachlauf.

Gedämpfte Euphorie

Peter Schaller, Abteilungsleiter für Ingenieurwesen im städtischen Baureferat, dämpft allerdings die Hoffnungen, dass ein derartiges Projekt zu realisieren ist. Ein Hauptproblem sei die Tiefe, in der der Stadtgrabenbach liegt. Mit einer hydraulischen Pumpe könnten höchstens ein paar hundert Liter an die Oberfläche befördert werden.

Münchens Stadtbäche: Münchens Stadtbäche: Bitte klicken Sie auf die Grafik, um sie ganz zu sehen.

Münchens Stadtbäche: Bitte klicken Sie auf die Grafik, um sie ganz zu sehen.

(Foto: SZ)

Schaller will dennoch bei den Wasserbauern der TU München anfragen, ob die Studenten dort ein Projekt zur Umsetzung eines derartigen Plans starten wollen. Immerhin hatte der Architekt Stephan Braunfels schon vor drei Jahrzehnten vorgeschlagen, den Westlichen Stadtgrabenbach auf Höhe der Sonnenstraße wieder an die Oberfläche zu holen.

Münchens Stadtbäche legal erleben

Den Bachfreunden geht es aber nicht nur um die Öffnung der unterirdischen Stadtbäche, sondern auch um die "Erlebbarkeit", wie Klaus Bäumler es nennt. Bis heute sei etwa das Baden im Schwabinger Bach und im Eisbach im Englischen Garten eine juristische Grauzone, er fordert, das Baden in den Bächen zu legalisieren. Auch gibt es noch immer einige Stellen, an denen die Bäche zwar oberirdisch fließen, die Ufer aber versperrt sind.

Am Auer Mühlbach weigern sich Ordensschwestern seit vielen Jahren, einen Teil ihres Grundstücks abzutreten, damit dort ein Fußweg entlang des Bachs führen könnte. Auch die Bayerische Hausbau, die im Zuge der Neubebauung des Nockherbergs die Fuß- und Radwegverbindung in der Au verbessern will, konnte dort bislang keinen Kompromiss erzielen. Bäumler schlägt indes eine verblüffend einfache Lösung vor: einen über dem Wasser schwebenden Steg, der am Grundstück der Ordensschwestern vorbeiführt.

Die Stadt ist mittlerweile Überlegungen gegenüber, Münchens Bäche aus dem Untergrund zu holen, grundsätzlich aufgeschlossen. Im Herbst soll der Stadtrat die Öffnung des Hachinger Bachs beschließen. Dennoch warnt Ingenieur Peter Schaller vor allzu großer Euphorie. Untersuchungen am St.-Anna-Platz hatten ergeben, dass ein Bach, der oberirdisch durchs Lehel fließen würde, für ein Wohngebiet zu laut rauscht.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: