Münchens Stadtbäche:Es muss nicht immer Isar sein

Wenn der Sommer seinen Höhepunkt erreicht, die Luft über der Leopoldstraße flirrt und die Hitze in den Straßen steht, dann tut es gut, an irgendein Wasser zu gehen.

Birgit Lutz-Temsch

Wasser kühlt und erfrischt die Luft, die Sinne, auch wenn man die Füße nicht hineinhängt. Bis ins vorletzte Jahrhundert hinein flossen etliche Kilometer Stadtbäche mitten durch München, die eine Vielzahl von Aufgaben erfüllten: Sie lieferten das Wasser für den Wallgraben zur Verteidigung, die Mühlen brauchten die Bäche als Energielieferanten, die Fabriken als Transportmöglichkeit, die Menschen als Waschgelegenheit, die Feuerwehr für Löschwasser.

Als diese Bedürfnisse wegfielen und sich noch niemand Gedanken machte darüber, dass ein Bach auch einfach nur schön sein und Tieren Lebensraum bieten kann, verschwanden die Wasserläufe, einer nach dem anderen. Ein paar allerdings sind geblieben, ein paar sogar reanimiert worden.

Auer Mühlbach Idyllecharakter: Laubenpieperromantik Badespaß: tierisch Picknickmöglichkeit: begrenzt

Der Auer Mühlbach ist ein Nebenarm der Isar. An der Marienklause entfließt er ihr, schlängelt sich durch den Tierpark, vorbei am Biergarten Siebenbrunn, der Kleingartenanlage Schönstraße, dem Schyrenbad, dem Müllerschen Volksbad und der Muffathalle Am Maxwerk rauscht er wieder in die Isar.

Im südlichen Bereich ist der Bach noch am naturbelassensten: Im Tiergarten nutzen die Flamingos den Auer Mühlbach zur Abkühlung. Für menschliche Bäder ist der Wasserlauf weniger geeignet. Ein Stück weiter, hinter den Kleingärten, sitzen Enten auf den Planken und schauen den Laubenpiepern beim Pflanzen zu.

Hartnäckig hält sich das Gerücht, die berühmte Nacktszene Hildegard Knefs in dem Film "Die Sünderin" sei am Auer Mühlbach gedreht. Picknickplätze gibt es wenige, aber viele Wege für kilometerlange idyllische Spaziergänge auf und ab am Isarhochufer. Und im Biergarten in Siebenbrunn wartet schon die Brotzeit.

Hachinger Bach Idyllecharakter: Landidyll Badespaß: Fußbad möglich Picknickmöglichkeit: hervorragend

Der Hachinger Bach hat sogar ein eigenes Tal, das Hachinger Tal. Darin fließt er durch Oberhaching, Taufkirchen, Unterhaching und Perlach ins Münchner Stadtgebiet hinein, windet sich durch den Ostpark und fließt schließlich unterirdisch zum Bogenhausener Hüllgraben.

Mehr ein Bächlein denn ein Bach ist das zwölf Kilometer lange Gewässer, und an seinen Ufern kann man sich, gerade im Ostpark, auf bunten Blumenwiesen zu verträumten Picknicks niederlassen. Früher versiegte die Quelle des Bachs regelmäßig im Abstand von etwa sieben Jahren - sogar der Teufel wurde dafür verantwortlich gemacht. Heute ist die einstige Quelle endgültig versiegt, der Bach wird künstlich gespeist.

Schwarze Lacke / Schwabinger See Idyllecharakter: urbane Oase Badespaß: nur für Enten Picknickmöglichkeit: auf Bänken

Der Name Schwarze Lacke klingt nicht gerade einladend, um so mehr überrascht das urbane Idyll, das man dort vorfindet, wo die Schwarze Lacke zum Beispiel in den Schwabinger See fließt. Inmitten einer Wohnanlage fiepen aufgeregte Entenjunge ihrer Mutter hinterher, das Schilfrohr rauscht, das Wasser plätschert.

Einen weiten Weg hat die Schwarze Lacke da schon hinter sich: Im 18. Jahrhundert wurde der Nymphenburger-Biedersteiner Kanal angelegt, um den Nymphenburger Park mit Wasser aus der Würm zu versorgen. Von Nymphenburg fließt der Kanal durch den Olympiasee, und ab da heißt er Schwarze Lacke und fließt über den Petuelpark durch den Schwabinger See in den Schwabinger Bach im Englischen Garten.

Im Petuelpark sitzen, seit die Autos in den Untergrund verbannt sind, Spaziergänger an seinem Ufer, und die Parkanlage wäre ohne das sanfte Fließen der Lacke nur halb so schön. Hier könnte man sogar Picknickdecken ausbreiten.

Oberst-Jägermeister-Bach Idyllecharakter: Naturparkromanze Badespaß: wer will, springt hinein Picknickmöglichkeit: viel genutztes Sonntagsziel

Den Englischen Garten durchziehen viele kleine Wasserläufe - so wie es Friedrich Ludwig von Sckell wollte, als er den Volksgarten 1789 anlegte: Der Natur einen Raum geben, den Park gestalten, als sei er so gewachsen. Und dazu gehört Wasser. Achteinhalb Kilometer lang winden sich Wasserwege durch den Park, mehr als 100 Brücken und Stege führen über sie hinweg.

Die Erholung soll hier in Beschaulichkeit stattfinden, während man dem Vogelgezwitscher lauscht und dem sanften Fließen der Bäche zuschaut. Der Oberst-Jägermeister-Bach teilt den Englischen Garten der Länge nach. Vor lauter Beschaulichkeit scheint er manchmal fast das Fließen zu vergessen, so gemächlich geht der Lauf dahin. An seinen Ufern herrscht auch im Hochsommer ein erträgliches Klima, mit ein Grund, warum sich am Wochenende eine Decke an die andere reiht.

Eisbach Idyllecharakter: Surfer´s Paradise Badespaß: auch ohne Brett Picknickmöglichkeit: Essplatz mit Live-Act

Der Eisbach ist wohl berühmter als die Isar. Wegen der Surfer in seinen Fluten hat er es in viele Surfspot-Verzeichnisse geschafft, und in den USA ist er wegen der vielen Nackerten, die sich an seinen Ufern sonnen, ein Faszinosum, das bei einem München-Besuch nicht ausgelassen werden darf.

Der Eisbach führt mit 21 Kubikmetern pro Sekunde mehr Wasser als die Isar am Flaucher bei Niedrigstand. Gespeist wird der Eisbach aus zwei unterirdischen Kanälen: An der Prinzregentenstraße fließen der Fabrikbach und der Stadtsägmühlbach zusammen und treten als Eisbach an die Oberfläche.

Eine Steinstufe erzeugt dort eine etwa halbmeterhohe Welle - Surf-Pionier Duke Kahanamoku würde müde lächeln, Stadtsurfer nutzen sie begeistert als Übungsterrain.

Glockenbach Idyllecharakter: kleine Stadtflucht Badespaß: wirklich nicht Picknickmöglichkeit: nur zum Trinken Vom Glockenbach oder Westermühlbach ist nur noch ein knapp 500 Meter langes Stückchen oberirdisch erhalten, trotzdem hat das kleine Innenstadtbiotop dem ganzen Viertel den Namen verliehen. Der Glockenbach umrundet heute unterirdisch die Altstadt, nur das kleine Stück neben der Pestalozzistraße ist noch sichtbar.

Wer das Glück hat, seinen Arbeitsweg morgens und abends entlang das Bachbett zu legen, fühlt sich hier für ein paar Minuten, bevor es wieder in den Verkehrslärm geht, wie auf dem Land, in einer winters wie sommers zauberhaften Stimmung. Durch die Verbauung allerdings ist der Bach wenig Picknick geeignet, auf den Bänken tummeln sich mehr Biertrinker denn Spaziergänger und mehr und mehr werden die Wege zum Hundeklo. Eine Oase bleibt der Bach trotzdem.

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