München: Gaddafis Sohn und die Behörden:Polizeipräsident speist auf Kosten Libyens

Lange machte die bayerische Staatsregierung ein Geheimnis daraus. Jetzt ist klar: Das gemeinsame Essen von Münchens Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer mit dem Sohn des Diktators Gaddafi hat die libysche Botschaft bezahlt. Ein Skandal, finden die Grünen.

Bernd Kastner und Christian Rost

Münchens Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer hat sich das umstrittene Abendessen mit Saif al-Arab Gaddafi im Hotel "Bayerischen Hof" von der libyschen Botschaft bezahlen lassen. Dies geht aus einer Antwort der bayerischen Justizministerin Beate Merk an die Grünen im Landtag hervor.

Schmidbauer hatte sich mit dem mittlerweile bei einem Nato-Angriff getöteten Sohn des libyschen Diktators im August 2007 getroffen. Gegen den 28-Jährigen, der als Student in München lebte, liefen insgesamt elf Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Anstiftung zu einem Mord, Waffenschmuggels und etlicher Verkehrsdelikte. Die Verfahren wurden von der Münchner Justiz allesamt eingestellt.

Bei dem Treffen waren auch Schmidbauers Büroleiter und ein Gesandter der libyschen Botschaft anwesend. Dieser "fungierte als Gastgeber und übernahm die Bezahlung der Bewirtung", so Merk. Schmidbauer und sein Büro-Chef hätten zusammen für 60 bis 70 Euro Speisen und Getränke verzehrt. Die Grünen-Abgeordnete Christine Stahl nennt es "mehr als befremdlich", dass Schmidbauer sich von einem Unrechtsregimes habe einladen lassen. Bisher hatte die Staatsregierung offen gelassen, wer bezahlt hatte.

Laut einem Sprecher des Innenministeriums habe die Einladung den Rahmen der Dienstvorschriften nicht gesprengt. "Die Höhe dieser Bewirtung ist dem Rang des Polizeipräsidenten angemessen." Schmidbauer selbst nennt sein Vorgehen "richtig und angemessen": "Dass der Einladende die Kosten übernimmt, ist in diplomatischen Kreisen üblich." Er habe sich erst mit Gaddafi getroffen, als die Ermittlungen eingestellt waren. Im Gespräch habe er seine Beamten gegen Vorwürfe verteidigt. "Im übrigen", so Schmidbauer, "bin ich unbestechlich."

Bestätigt ist nun auch, dass ein Münchner Oberstaatsanwalt die libysche Botschaft 2007 über die beabsichtigte Durchsuchung von Gaddafis Villa nach Waffen unterrichtete. Das Gespräch mit den Libyern soll notwendig gewesen sein, um herauszufinden, ob Gaddafi diplomatische Immunität genieße. Mit einer längst vorliegenden Auskunft des Auswärtigen Amtes, wonach dies nicht der Fall sei, hatten man sich offenbar nicht zufrieden gegeben.Dass der Gaddafi-Sohn keine diplomatische Sprache pflegte, ist nun auch offiziell.

Bei einer Verkehrskontrolle 2010 habe er Polizeibeamten den erhobenen Mittelfinger gezeigt und gesagt: "Polizei! Hey, fick dich!" Angesichts des auffälligen Verhaltens des Libyers stand die bayerischen Justiz in Kontakt mit der Bundesregierung, der Grund: "Möglicherweise drohende schwerwiegende außenpolitische Konsequenzen". Christine Stahl kritisierte, die Staatsregierung habe aus Angst vor diplomatischen Verwicklungen im nachsichtigen Umgang mit Gaddafi junior den Rechtsstaat verbogen.

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