Süddeutsche Zeitung

Münchens junge Kreative:"Ich finde in der Nacht ganz viel Geborgenheit"

Wo arbeiten Münchens junge kreative Köpfe? Wir haben sie an ihren Arbeitsplätzen besucht und ihnen über die Schulter geschaut. Heute: Sophie Singer.

Von Sabrina Ahm

Dampfkessel reihen sich aneinander. Metallgerüste verbinden die Ebenen. Rohre in verschiedensten Größen verlaufen durch das ehemalige Kesselhaus in Schwabing. Heute ist es eine Zwischennutzung, die schon bald beendet werden muss. Genutzt wird die große Halle von der Künstlergruppe "broke.today". Noch ist Sophie Singer, 18, kein Mitglied, dennoch darf sie in der Zwischennutzung arbeiten und ausstellen.

Sophie zeichnet bereits seit ihrer Kindheit. Das habe sie die meiste Zeit aber für sich behalten. "Das war immer so ein bisschen Reue und Scham mit dem Zeichnen", sagt Sophie. Lange Zeit verstand sie Kunst als Zeitvertreib, der keinerlei Leistung hervorbringt. Aber sie habe es einfach tun müssen, oft auch aus Intuition heraus.

Erst als Sophie auf die Gestaltungs-FOS in Giesing wechselte, änderte sich ihre Ansicht zur Kunst. Technisch hat sie schon immer alles ausprobiert. "Ich wollt halt immer alles Mögliche können, habe es probiert, es hat meistens nicht funktioniert, aber man lernt eben ganz viel daraus", sagt sie.

Ihre größte Inspirationsquelle ist die Nacht. "Ich finde in der Nacht ganz viel Geborgenheit", sagt Sophie. Sie bewegt sich zwischen zwei Szenen, der Punk- und der Techno-Szene. Es seien eigene Geschichten, die sich nachts innerhalb dieser Szenen abspielen. "Für uns sind diese Orte und diese Zeit Rückzugsorte", sagt Sophie.

Ein kleiner enger Gang im untersten Teil der Halle führt in eine Sackgasse. Hier durfte Sophie für die allerletzte Ausstellung der Zwischennutzung ihren eigenen Raum konzipieren. Laute Technobeats, düstere Malereien an den Wänden und einige zu den Szenen passende Menschen, die durch den Gang laufen. "Ich wollte, dass hier auch die Leute da sind, die ich zeichne und male", sagt Sophie.

In erster Linie zeigt Sophie Menschen. Ihre Gesichter, ihre Körper. Wenn sie in der Nacht unterwegs ist, sehe sie faszinierende Menschen und habe dann das Verlangen, sie auf ihre Weise darzustellen. Mit ihren Bildern will die Künstlerin einen Ort der Akzeptanz aufbauen. Sie selbst hat lange gebraucht, ihre alternative Seite anzunehmen.

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