Münchens junge Kreative: Philomena HärdtleinDas Unsichtbare sichtbar machen

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Philomena Härdtlein kennt man in München unter dem Pseudonym Mücke. „Das kommt vom Tätowieren, jeder Punkt wird wie bei einem Mückenstich einzeln gesetzt“, sagt Philomena.
Philomena Härdtlein kennt man in München unter dem Pseudonym Mücke. „Das kommt vom Tätowieren, jeder Punkt wird wie bei einem Mückenstich einzeln gesetzt“, sagt Philomena. (Foto: Stephan Rumpf)

Bei den Arbeiten von Philomena Härdtlein stehen Feminismus und Antifaschismus im Mittelpunkt – auch bei der Fünf-Minuten-Kunst.

Von Nicole Salowa

Die Werke von Philomena Härdtlein wirken abstrakt – doch sie haben ganz konkrete Botschaften. „Es gibt Lebensrealitäten und Perspektiven, die in unserer Leistungsgesellschaft ausgeblendet werden. Diese Unsichtbarkeit möchte ich aufzeigen“, sagt Philomena, 27. Bei den Arbeiten stehen Feminismus und Antifaschismus im Mittelpunkt.

(Foto: Stephan Rumpf)

„Bei einer meiner Ausstellungen durften die Menschen alle Werke berühren“, sagt Philomena. Die Werke machen Lebensrealitäten dadurch nicht nur sichtbar. Sondern auch greifbar. „Körperschalen“ nannte Philomena die Körperteile aus Gips. „Erinnerungen manifestieren sich im Körper. Manche davon möchte man abschälen. In meiner Arbeit setzte ich mich mit erlebten Gewalterfahrungen auseinander.“

(Foto: Stephan Rumpf)

Eigentlich kennt man Philomena unter dem Pseudonym Mücke. „Das kommt vom Tätowieren“, sagt Philomena mit einem Lachen, „jeder Punkt wird wie bei einem Mückenstich einzeln gesetzt.“ Schon seit sieben Jahren tätowiert Philomena. Die Ohrringe aus Schweinehaut spielen darauf an. „Es ging um die kritische Auseinandersetzung mit den Abfällen, die man beim Tätowieren produziert.“

(Foto: Stephan Rumpf)

Philomena sticht mit der Hand. Handpoke wird diese Technik genannt. „Beim Tätowieren passiert eine Transformation. Es entsteht Schmerz, dadurch wird aber auch Schmerz verarbeitet.“ So können schmerzhafte Erinnerungen beim Tätowierens zu etwas Schönem umgewandelt werden: bei Tattooperformances oder auch, wenn Philomena „Soli-Tattoos“ sticht – also solidarische Tattoos für den guten Zweck.

(Foto: Stephan Rumpf/)

Bei der Umsetzung von Ideen geht es Philomena nicht unbedingt um ein Ergebnis. „Oft stelle ich unfertige Sachen aus. Jede noch so banale Idee kann Potenzial haben. Ich nenne es Fünf-Minuten-Kunst, weil die Ideen in kürzester Zeit entstehen.“ Jede Idee bekommt Raum. Philomena möchte dem Prozess vertrauen. Ideen nachgehen, statt aussortieren. Impulsen folgen, statt Perfektion anstreben.

(Foto: Stephan Rumpf/)

Philomena möchte sich beim Schaffen keine Grenzen setzten. Das zeigen auch die genutzten Materialien. Das „Gelee“ besteht aus einer wilden Mischung von Glycerin bis Agar Agar. Es symbolisiert ein Kaffeekränzchen. „Hier geht um die feministische Praxis, über Dinge zu sprechen, die anderswo keinen Raum finden. Und das dann gemeinsam auf die Straße zu tragen“, sagt Philomena.

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