"Glückliche Gesichter sind für mich nicht reizvoll genug - ich mag die Traurigen, Frustrierten und Leidenden." Katharina Loyo malt ausschließlich Gesichter. Schon als Kind habe sie durch intensives Betrachten fremder Gesichter in der Öffentlichkeit ihre Mutter in unangenehme Situationen gebracht. "Dass ich schon immer Leute gemustert habe, darüber macht sich meine Mutter heute noch lustig."
Der Weg zur Uni bedeutet für Katharina eine gute Stunde Fahrt mit der S-Bahn. Nach wie vor herrscht in den öffentlichen Verkehrsmitteln Maskenpflicht, was für Katharina einschränkend ist. Sie vermisst die Gesichter. Hinter jedem vermutet sie eine aufregende Geschichte. Woher kommt die Person? Wohin fährt sie? Wie geht es ihr?
Ein Merkmal, das man in ihren Bildern findet, ist eine gewisse Unfertigkeit. Ihrer Bilder sehen skurril lückenhaft aus. Bei vielen Bildern lässt sie einen Teil bewusst unvollständig. Bei ihrem aktuellen Porträt hat sie sich umentschieden. Die Lippen der Frau will sie unausgemalt lassen und plant, die aufgetragene Farbe wieder zu entfernen.
Katharina würde sich selbst nicht als depressiven oder pessimistischen Menschen bezeichnen, auch wenn man das anhand ihrer Bilder vermuten könnte. Vielmehr sieht sie ihre Kunst als Filter für ihre negativen Emotionen. "Nach dem Malen geht es mir immer besser", sagt sie.
Ihre Bilder veröffentlicht sie regelmäßig auf ihrem Instagram-Account. Aus den sozialen Medien holt sie sich auch Anregungen für ihre Werke. Sie sucht auf Pinterest oder Instagram nach speziellen Gesichtsausdrücken oder Emotionen und malt sie nach. Lernt sie neue Leute kennen, achtet sie sehr intensiv auf deren Lachfalten, Gesichtszüge, Augen und Mimiken.
Ihr Kinderzimmer in Altomünster ist voll mit Leinwänden. Jedes ihrer Bilder versucht, eine Geschichte mit offenem Ende zu erzählen. "Wann ist ein Bild schon ganz fertig? Aus einem Gefühl heraus entscheide ich, wann genau mein Werk vollendet ist - auch, wenn etwa ein Teil des Gesichts noch fehlt."