Süddeutsche Zeitung

Münchens junge Kreative:Ihre Heimat, ihre Gefühle

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Wo arbeiten Münchens junge kreative Köpfe? Wir haben sie an ihren Arbeitsplätzen besucht und ihnen über die Schulter geschaut. Heute: Hatica Khalaj.

Von Leila Herrmann

"Viele Leute, die in mein Atelier kommen, meinen, hier ist voll der warme Vibe", sagt Hatica Khalaj, 24, und lacht. Das liegt daran, dass die Künstlerin mit warmen Farben malt. Eines ihrer Bilder stellt eine Art Hamam dar. Zwei Menschen liegen aufeinander und blicken aus dem Fenster. Dort sieht man die Wüste. "Ich habe diesem Bild noch keinen Titel gegeben, aber vielleicht nenne ich es Home."

Hatica ist zwar in Europa geboren und aufgewachsen, ihre arabische Herkunft hat aber einen großen Einfluss auf ihre Kunst. Immer wieder greift sie intuitiv zu warmen Farben, die die Wüsten ihrer Heimat widerspiegeln und sie wie zu Hause fühlen lassen. "Als ich damals in der Wüste war, hat mich das wirklich beeindruckt", sagt sie. "Diese Wärme und diese unendliche Weite" will sie auf ihre Leinwände übertragen. Ein anderes ihrer Bilder zeigt beispielsweise einen Jungen zwischen Sonnenblumen.

Hatica hat drei Semester Architektur studiert. "Ich habe aber gemerkt, Architektur schränkt mich ein. Ich hatte immer diesen Freiheitsdrang, mich ohne Grenzen ausdrücken zu wollen", erklärt sie. Während der Pandemie hat sie immer regelmäßiger mit Freundinnen und Freunden gemalt. "Das war in dieser Zeit mein Ventil", sagt sie. Daraufhin hat sie das Studium abgebrochen und sich ganz auf ihre Kunst konzentriert.

"Ich mache Kunst, ich liebe Kunst" sagt sie und klingt glücklich über ihre Entscheidung. Ihr Schwerpunkt ist die Malerei, sie malt mit Acryl- und Ölfarben. Zusätzlich macht sie Grafikdesign. Ihre Expertise in diesem Bereich hat sie sich selbst angeeignet. "Eigentlich habe ich das Meiste durch Youtube-Videos und durch Freundinnen und Freunde, die das studiert haben, gelernt." Mittlerweile hat sie ein kleines Atelier in einem "Mucbook"-Clubhaus in Obersendling. Außerdem leitet sie Kunst-AGs an Grund- und Realschulen.

Immer, wenn sie draußen unterwegs ist, hat sie ihr Skizzenbuch dabei. Darin hält sie Eindrücke ihrer Umgebung fest, einfache Zeichnungen, Kurztexte. Wenn sie dann ihr Atelier betritt, hat sie meistens schon eine Idee, was sie malen will. Und: "Wenn ich mir bei einer Sache noch unsicher bin, weiß ich: Wenn ich vor der Leinwand stehe, ergibt sich sowieso alles."

Neben ihrer Herkunft spielt auch Musik in ihrer Kunst eine große Rolle. Sie ist DJ und legt bei Cozy Soundsystem auf - für das Party-Kollektiv macht sie auch die Creative-Direction. Außerdem hört sie viel Hip-Hop und wird von den Songtexten für neue Gemälde inspiriert. "Die Leinwand ist dann die Schnittstelle für mich, hier kann ich alles verarbeiten" - ihre Herkunft, ihre Musik, ihre Gefühle.

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