Münchens junge Kreative:"Das gesellschaftliche Tabu reizt mich"

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Wo arbeiten Münchens junge kreative Köpfe? Wir haben sie an ihren Arbeitsplätzen besucht und ihnen über die Schulter geschaut. Heute: Sandra Bejarano.

Von Ornella Cosenza

Sandra Bejarano hat ihr Studio in den Domagk-Ateliers München. Sie arbeitet mit Performances und Installationen. Oft ist sie selbst Bestandteil ihrer Kunst, oder Teile ihres Körpers sowie Körperflüssigkeiten. Menstruationsblut, Vaginalflüssigkeit oder Sperma - damit hat sie schon gearbeitet. "Mich interessiert die Reaktion der Betrachter. Damit arbeite ich. Warum empfinden wir Ekel vor Dingen, die jeder Mensch hat?"

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

"Eine meiner ersten Arbeiten waren Siebdrucke mit Rotwein", sagt Sandra. Die Holzplatten habe sie zusammengepresst, so sei das Muster entstanden. Rotwein und Blut faszinieren sie aus mehreren Gründen: "Beide haben diesen religiösen Aspekt. Beim Blut und den anderen Körperflüssigkeiten ist es auch das gesellschaftliche Tabu, das mich reizt."

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

In Sandras Atelier steht ein Kühlschrank - damit das Blut frisch bleibt. Ein bisschen Venenblut, ein bisschen Menstruationsblut. Es ist Sandras eigenes Blut. "Ich habe immer etwas Blut gemischt mit Alkohol zur Konservierung im Atelier, damit ich, wenn ich neue Ideen habe, ausprobieren kann, ob etwas so klappt, wie ich es mir vorstelle", sagt sie.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Ihre eigenen Fingernägel hat sie eine Zeit lang gesammelt. Eine ganze Schale. "Ich wusste erst gar nicht, wofür. Bis ich dann die Idee hatte, Murmeln daraus zu machen." Sie sollen an Glasmurmeln erinnern. "Als Kind habe ich gern mit Murmeln gespielt", sagt sie.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Für ihre Arbeit "I am gonna donate my eggs" hat sie sich mit künstlicher Befruchtung und social freezing auseinander gesetzt. Sie führte Interviews mit Frauen, die ihre Eizellen eingefroren oder gespendet haben. Die Gründe dafür hielt Sandra vereinfacht auf 28 Leinwänden fest. "Achtundzwanzig, weil der weibliche Zyklus etwa so lange dauert." Auf einer der Leinwände steht: "I am gonna freeze my eggs because patriarchy says I must have children, but capitalism says: not now."

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

"Ich glaube, sobald Blut oder andere Körperflüssigkeiten eine Form bekommen, also nicht mehr flüssig sind - ja sogar essbar erscheinen - ekelt man sich nicht mehr", sagt Sandra. Mit der gleichen Technik wie die der Molekulargastronomie gibt Sandra den Flüssigkeiten eine neue Form und gleichzeitig eine neue Ästhetik.

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