Münchens junge Kreative:Unendliche Orte

Lesezeit: 2 Min.

(Foto: Stephan Rumpf)

Wo arbeiten Münchens junge kreative Köpfe? Wir haben sie an ihren Arbeitsplätzen besucht und ihnen über die Schulter geschaut. Heute: Alina Grasmann

Von Ornella Cosenza

Ist es ein Foto oder ein Gemälde? Alina Grasmanns Malereien wirken täuschend echt und bewegen sich zwischen Realität und Fiktion. "Die Orte, die man auf meinen Bildern sieht, gibt es wirklich, und ich war auch selbst dort", sagt sie. In ihrem Atelier in der Wiede-Fabrik im Münchner Osten arbeitet Alina an ihren meist großflächigen Malereien. "Im August bin ich in dieses Studio gezogen." Vorher war sie Studentin bei Karin Kneffel an der Akademie der Bildenden Künste in München.

(Foto: Stephan Rumpf)

"Die Pinsel sind natürlich sehr wichtig für meine Arbeit, auf die passe ich gut auf und achte sehr darauf, dass ich sie gut auswasche." Sogar eine Art Lieblingspinsel hat Alina. "Das ist der, bei dem der Griff schon gar nicht mehr ganz schwarz ist." Alina malt außerdem mit Ölfarben. Ihre Bilder müssen, nachdem sie fertig gemalt sind, etwa zwei Monate austrocknen. "Ölfarben brauchen sehr lang, bis sie wirklich trocken sind."

(Foto: Stephan Rumpf)

"Ich arbeite immer in Serien, meistens besteht eine Serie bei mir aus zehn oder 15 Arbeiten. Jede Serie behandelt einen bestimmten Ort." Die Orte begegnen Alina meist beim Lesen oder in Filmen. So ging es ihr mit dem Ort Montauk, nachdem sie das gleichnamige Buch von Max Frisch gelesen hatte. "Ich fahre dann dort hin, schaue mir das an. Manchmal bringen mich auch andere Menschen an einen Ort." In der Serie "Home for the art" hat Alina das Dan Flavin Art Institute auf Long Island gemalt. "Das Haus habe ich ganz oft gemalt. Früher war es eine Kirche, jetzt ein Ausstellungsraum."

(Foto: Stephan Rumpf)

Nachdem Alina die Orte fotografiert hat, die sie malen möchte, verfremdet sie diese und fertigt Foto-Skizzen an. Sie fügt Objekte oder Dinge ein - die Grenze zwischen Wirklichkeit und Fiktion verschwimmt. Dieses Pool-Bild stammt aus ihrer Serie "Florida Räume". Die "Sleeping Muse" von Brancusi ist hier ein Element, das in der Serie, neben anderen Verweisen, immer wieder auftaucht. Dadurch ergeben sich innerhalb der Bilderserie Referenzen, die Bilder verweisen durch diese Details aufeinander. "Wie ein Kreis, der sich schließt, oder eine Unendlichkeit", sagt sie.

(Foto: Stephan Rumpf)

Beim Malen hört Alina oft Hörbücher. "Ich wollte trotz der Arbeit weiterhin Geschichten konsumieren können", sagt sie. Am produktivsten arbeite sie in den Abendstunden und nachts: "Das ist einfach mein natürlicher Rhythmus." Auf dem Bild malt Alina gerade an der "Sleeping Muse", einer Skulptur des Künstlers Brancusi, die es tatsächlich gibt - nur steht sie in Wirklichkeit nicht an dem Ort, den Alina gemalt hat.

(Foto: Stephan Rumpf)

Das Gemälde, auf dem der Raum mit einem runden Fenster zu sehen ist, stammt aus der Serie "Sculpting in Time", derzeit hängt es in einer Galerie in Rom. "Bei "Sculpting in Time" sind Räume eines utopischen Stadtprojektes aus den Siebzigerjahren in der Wüste von Arizona zu sehen. Auch in dieser Bilderserie gibt es Dinge und Objekte, die Alina hinzugefügt hat und die immer wieder auftauchen. In "Paper Town" malte sie Häuser der fiktiven Stadt "Agloe". Diese war ein absichtlicher Tippfehler von Kartenmachern, um Urheberrechtsverletzungen zu bemerken. "Ich habe 40 Häuser gemalt, die man auf dem Weg zu dieser fiktiven Stadt sieht." Wieder vermischen sich so Realität und Fiktion.

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