„Ich ziele nicht darauf ab, etwas Perfektes zu schaffen“, sagt Lu Cheng. Die 28-Jährige ist Studentin in der Grafikklasse an der Akademie der Bildenden Künste. In ihren Werken beschäftigt sie sich mit der Lebendigkeit von Körpern und wie sie sich in Abhängigkeit von ihrer direkten Umgebung verändern. Dabei genießt sie besonders das Unvorhersehbare, das der kreative Prozess mit sich bringt.
Mit ihren biomorphen Installationen und Skulpturen versucht sie, die Dynamik und die Wachstumsprozesse von Körpern zu erforschen. Besonders gerne arbeitet sie dabei mit Ton, aber auch auf Materialien wie Metall oder Plastik greift sie zurück. Ihre Arbeit finanziert sie, indem sie sich auf Projektförderungen bewirbt. Außerdem leitet sie Keramikkurse für Kinder und Jugendliche in einem Münchner Kulturzentrum.
Ihre Anregungen holt sich Lu oft aus der Natur. Viele ihrer Arbeiten entstehen durch eine intensive, wissenschaftliche Beschäftigung mit biologischen Phänomenen. „Für ein Werk habe ich zum Beispiel über symbiotische Beziehungen zwischen Korallen und Algen recherchiert“, erzählt Lu. „Daraus ist die Skulptur der porösen Landschaft entstanden, deren Oberfläche von Korallen inspiriert ist.“
Bevor Lu ihr Studium in der Klasse für Grafik begann, studierte sie bereits zwei Semester Fotografie und machte einen Bachelorabschluss in Industriedesign in ihrer Heimatstadt Shanghai. Aufgrund der anstehenden Diplomprüfung verbringt Lu einen Großteil ihrer Woche in den Werkstätten der Akademie oder in ihrem Atelier an der Donnersbergerbrücke. „Fast achtzig Prozent meiner Zeit fließt aktuell in meine Werke“, sagt Lu.
Um ihre Ideen und Inspirationen festzuhalten, führt Lu ein Notizbuch mit sich. Dort sammelt sie neben Zeichnungen auch täglich Stichwörter zu ihren Gefühlen und Gedanken. „Diese Aufzeichnungen transformiere ich dann in meiner Arbeit vom Zwei- zum Dreidimensionalen“, erklärt sie. Diesen Prozess sieht sie aber nicht als bloßes Abarbeiten von Arbeitsschritten: „Eine absolute Kontrolle gibt es nicht. Vielmehr bin ich gespannt darauf, wie sich meine Werke kontinuierlich weiterentwickeln.“
Wenn Lu an einem Werk arbeitet, gibt sie sich selbst einen sehr klaren Rahmen für den Prozess vor. Zu Beginn misst sie etwa die Quadratmeterzahl ihrer Arbeitsflächen aus und errechnet daraus, wie lange sie für das Projekt brauchen darf. „Ich arbeite immer mit verschiedenen Räumlichkeiten und Zeitvorgaben. Hinter jedem Werk steht meine eigene spielerische Performance.“