München/Garching:Reaktor soll kürzer laufen

Forschungs-Neutronenquelle FRM-II der TU München in Garching, 2014

Wie gefährlich ist das Abwasser, das der Forschungsreaktor in Garching in die Isar einleitet?

(Foto: Robert Haas)

Stadträte tolerieren aber weiter schwach radioaktives Abwasser

Von Gudrun Passarge, München/Garching

Die Grünen hatten gehofft, dass Garching ein Zeichen setzt. Doch die große Mehrheit im Bauausschuss wollte kein Zeichen setzen: Mit zwölf gegen drei Stimmen hat sie dem Vorhaben der Technischen Universität zugestimmt, weiterhin schwach radioaktives Abwasser, das vom Forschungsreaktor (FRM II) und vom Institut der Radiochemie (RCM) stammt, in die Isar einzuleiten. Grünen-Fraktionssprecher Hans-Peter Adolf hatte sich zuvor vergeblich gegen den seiner Meinung nach "rechtswidrigen Betrieb" des Reaktors ausgesprochen, der mit hochangereichertem Uran arbeitet, und gerügt, dass dieser gegen den Atomwaffensperrvertrag verstoße. Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) wollte wie Adolf auch ein Zeichen setzen, "aber nicht eines des Misstrauens", wie er sagte, "sondern des Vertrauens" in die Wissenschaftler, von denen viele in Garching wohnten.

Seit 20 Jahren leitet die TU schwach radioaktive Abwässer in die Isar ein; da die Genehmigung in diesem Jahr ausläuft, hat sie eine Verlängerung um 30 Jahre beantragt, mit geringeren Werten.

Der Umweltreferent wollte vor allem wissen, warum der Zeitraum so lang gewählt wurde und was die Becquerel-Zahl von 3,7 Milliarden pro Jahr bedeutet. Die 30 Jahre erklärte Anton Kastenmüller, technischer Direktor des Forschungsreaktors, mit der üblichen Laufzeit solcher Einrichtungen. Zur Strahlung merkte Kastenmüller an, ein Liter des Abwassers weise maximal 4000 Becquerel auf, ein Kilogramm Kunstdünger dagegen 6300 Becquerel. Sehe man das als Gefahr an, "dann müssten wir auch um den Baumarkt einen Zaun machen".

Christoph Lierse von Gotomski, Leiter der Radiochemie an der TU, nannte zum Vergleich die künstliche Strahlenexposition, der ein Mensch ausgesetzt ist. Davon gingen fast 50 Prozent auf Röntgendiagnostik zurück, während die Kernkraft nur 0,045 Prozent ausmache. Er nahm auch Stellung zu den Grünen, die gefordert hatten, die radioaktiven Abwässer so zu behandeln, dass sie als Feststoffe gelagert werden könnten. Lierse sagte, radioaktive Stoffe zu verdampfen, sei vernünftig, aber funktioniere aber nur bei wirklich radioaktiven Abwässern. In Garching sei das Destillat nach einer solchen Behandlung "genau so sauber wie der Ausgangsstoff".

In der Diskussion betonte Bürgermeister Gruchmann, er nehme die Abwägung sehr ernst, denn er habe selbst kleine Kinder und fische auch in der Isar. Beschlossen wurde ein Antrag, die Laufzeit auf 20 Jahre zu begrenzen, um dann erneut zu verhandeln.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: