Münchener Weihnachtsmärkte:Erst Drachenblut, dann Jagertee

Eine eigenwillige Skulptur aus Schrott? Oder doch lieber Weihnachts-Nippes? Ein Streifzug durch sechs ausgewählte Christkindlmärkte, die viele Überraschungen bieten.

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Wittelsbacher Platz

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Die Zahl der Holzbauwerke in der Stadt nimmt in der Vorweihnachtszeit rapide zu: Dann schießen die Stände der Christkindlmärkte wie Pilze aus dem Boden. Die Glühwein- und Nippesbuden prägen vier Wochen lang das Stadtbild und kurbeln nicht zuletzt auch den Tourismus an. Dabei hat jeder Markt sein eigenes Flair. Wir haben uns sechs davon näher angesehen.

Wittelsbacher Platz Bereits im 14. Jahrhundert gab es die ersten Weihnachtsmärkte in der Stadt. Wie im Mittelalter getrunken, gegessen und gespielt wurde, davon vermittelt der Weihnachtsmarkt rund um den Wittelsbacher Platz einen lebendigen Eindruck. Neben Flammbrot vom Buchenholzgrill, Drachenblut oder Höllentrank werden von Handwerkern und Händlern in historischen Kostümen zeittypischer Schmuck, Felle oder Filzpantoffeln angeboten.

Das Sortiment von Ulrich Steinhauser ist dagegen schon spezieller: Neben Kettenhemden, Schwertern und Ritterrüstungen hat er auch einen Schallerhelm im Angebot - selbstverständlich mit Visier zum Runterklappen. "Viele Stücke kommen aus Schmieden in kleinen Serien", erklärt der ehemalige Kfz-Meister, der das Ritter-Outfit vertreibt.

Die Rüstungen um 500 Euro seien vor allem Dekostücke. "Zum Tragen wären sie viel zu dünn." Eine Rüstung fürs Wohnzimmer? Steinhauser lacht. "Das ist natürlich schon speziell. Die Szene ist klein, aber sie wächst."

Der Mittelaltermarkt ist täglich von 11 bis 20 Uhr geöffnet. An den Wochenenden sorgen Musiker, Gaukler und Jongleure rund um das Reiterdenkmal für mittelalterliches Flair.

Münchener Freiheit

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Münchner Freiheit Vor mehr als drei Jahrzehnten entstand der erste künstlerische Christkindlmarkt in München. Heute ist der kleine, mit Lampions und Lichterketten geschmückte Markt von der Münchner Freiheit nicht mehr wegzudenken. Rund um den Skulpturenpark und das Kunstzelt sind vor allem Stände mit Kunsthandwerk angeordnet. Mit Keramik, Schmuck und Kunstgewerbe präsentiert sich der Markt dieses Jahr als "Kunstoase". Die Objekte der Aussteller sind dabei nicht nur kreative und phantasievolle Unikate - auch unter ökologischen Aspekten ist der vorweihnachtliche Kunstbasar ein Unikum.

Stefan Wühler gestaltet Leuchter und Kerzenhalter aus Schrott und Altmetall. "Ich sammle nach Lust und Laune", erzählt der bildende Künstler. "Dabei weiß ich vorher nie, was es mal werden wird." Ausrangierte Badezimmerarmaturen, Rohrstücke, Draht - kaum ein Material, aus dem Wühler nicht etwas Neues formen kann.

Selbst Steine sind Bestandteil seiner eigenwilligen Kreationen. Manche Objekte sind reine Dekostücke, andere wiederum als Lichtquellen zur Nutzung geeignet. Aufhängen könne man seine Einzelstücke überall, versichert Wühler. "Doch der Platz muss gut gewählt sein, damit sie zur Geltung kommen."

Die Kunstoase ist täglich von 12 bis 20.30 Uhr geöffnet, am Wochenende von 11 Uhr an. Auf der Freibühne gibt es Musik, Kabarett oder Performances sowie ein Kinderprogramm. Gastronomisch bietet der Weihnachtsmarkt Speisen aus aller Welt: Neben Crêpes und Reiberdatschi schmoren auch exotische Gerichte aus der Berberküche in den Pfannen.

Chinesischer Turm

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Chinesischer Turm Auch bei Temperaturen unter Null ist das Häuschen auf dem Weihnachtsmarkt im Englischen Garten für Eltern mit kleinen Kindern einladend. Drinnnen ist es nicht nur schön warm, Kinder können in dem beheizten Lebkuchenhaus mit den weißen Eiszapfen an den Fensterscheiben auch nach Herzenslust basteln.

Tonpapier in allen Farben, Glitzerstreu und Bastelutensilien türmen sich auf den Tischen der Bastelwerkstatt. Ob Adventskarten, Engel oder Weihnachtskugeln - das Programm wechselt täglich. "Wir haben die Bastelstube ganz zufällig entdeckt", erzählt eine Mutter, die mit ihren beiden Kindern Weihnachtskarten mit Tannenbäumen gestaltet.

Der Weihnachtsmarkt im Englischen Garten sei ideal, findet sie. "Hier ist es nämlich nicht so voll." Neben dem üblichen Sortiment an Christschmuck, Spielzeug und Glühwein ist der kleine Markt mit seiner heimeligen Atmosphäre vor allem für kleine Besucher attraktiv: Neben einer Spielhütte lädt ein nostalgisches Holz-Karussell zu einer Rundfahrt ein, und an den Wochenenden schaut sogar der Nikolaus vorbei.

Und damit das kleine Häuschen die Adventszeit heil übersteht, ist draußen ein Schildchen angebracht: "Liebe Kinder, die Lebkuchen sind nicht zum Essen geeignet."

Der Weihnachtsmarkt am Chinesischen Turm im Englischen Garten ist von 12 bis 20.30 Uhr geöffnet, samstags und sonntags von 11 Uhr an.

Weißenburger Platz

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Weißenburger Platz Schutzengel, Filzpuschen, oder doch lieber gehäkelte Topflappen? Die Stände des Weihnachtsmarkts am Weißenburger Platz bieten rund um den Glaspalast-Brunnen tausend kleine und größere Geschenkideen. Bekannt ist der Haidhausener Markt vor allem für seine große Krippe, in deren Umgebung auch in diesem Jahr wieder Schnitzkünstler ihre filigranen Holzfiguren präsentieren.

Das heimliche Zentrum des Marktes ist jedoch die "Glühweinhütt'n". Schon seit 1976 betreibt Annemarie Franz den Ausschank von Glühwein, Punsch und Jagertee. "Die ersten Jahre waren schwer", erinnert sich die Gastronomin. "Glühwein war damals eben noch nicht so bekannt wie heute." Der weiße Punsch, verrät sie, sei noch ein Originalrezept der Großmutter. "Sie hat ihn früher immer zu Weihnachten gemacht, das habe ich so übernommen."

Die genaue Rezeptur bleibt jedoch geheim. Nur soviel sei verraten: "Der Punsch besteht aus Weißwein und lauter Dingen, die man eben auch früher schon hineingegeben hat." Annemarie Franz liebt den Weihnachtsmarkt, und bis heute steht sie stets selbst mit hinterm Tresen und schenkt aus: "Ich war von Anfang an mit dabei. Und solange ich noch kann, bleibe ich auch hier."

Der Weihnachtsmarkt ist täglich von 11 bis 20.30 Uhr geöffnet. Jeden Freitag um 17 Uhr findet zur Haidhauser Lichternacht ein Lampionumzug für Kinder statt.

Tollwood

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Tollwood Kerzen, Buddhas, Bergkäse: Der alternative Tollwood-Basar ist einer der größten Weihnachtsmärkte der Stadt. Auf dem Gelände der Theresienwiese sowie in den beheizten Zelten "Mercato" und "Bazar" präsentieren Aussteller auch in diesem Jahr Kunsthandwerk und Öko-Produkte aus aller Welt.

Wollschals aus Filz, Fairtrade-Kaffee aus Lateinamerika, das Marxsche Konterfei aus Seife: Tollwood bietet alles, was das Öko-Herz begehrt. Das Angebot an Speisen und Getränken ist international: Von Merguez bis Tschakschuka wird der Basar auch gastromisch seinem Namen als "Markt der Ideen" gerecht.

Ideen hat auch Anadi Kocaman. Stern heißt Yildiz auf Türkisch. In seinem Zelt hat der Mann mit dem sanften Lächeln einen ganzen Himmel voller Sterne über sich. Rot, orange oder violett sind die leuchtenden Objekte aus handgeschöpftem Papier, die der Händler bereits im sechsten Jahr auf dem Bazar verkauft.

"Meine Familie stellt sie in Izmir her", erklärt er. Seit 14 Jahren ist Kocaman nun schon bei Tollwood dabei. Seine Sterne sind klein und orientalisch, manche von ihnen kunstvoll mit Stickereien und kalligraphischen Motiven verziert. Sein liebster Stern? Kocaman überlegt nicht lang. "Das ist der hellrote, mit den zarten Rosenblüten."

"Mit etwas Glück machen wir nächstes Jahr die Sterne für den Weihnachtsmarkt am Marienplatz", erzählt er und lächelt: "Dann allerdings mit altbayerischen Motiven."

Tollwoods "Markt der Ideen" ist während der Woche von 14 bis 24 Uhr, am Wochenende von 11 bis 24 Uhr geöffnet.

Marienplatz

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Weihnachtsmarkt am Marienplatz Um das Neue Rathaus herum gruppieren sich Stände, an denen Reibedatschi, Scherenschnitte, kunstvoll gefertigte Kerzen, Magen- und Kletzenbrot und die obligatorischen Engelchen verkauft werden. Den Christkindlmarkt im Herzen Münchens besuchen jedes Jahr zigtausende Touristen wie auch Einheimische.

In der Liebfrauenstraße steht, einige Schritte entfernt, ein zweiter, kleiner Dom, an dem man Bioglühwein und Kinderpunsch trinken kann. Geht es nach Kerstin Nagl, die am Stand ausschenkt, könnte es ruhig ein wenig kälter sein: "Das Wetter ist in diesem Jahr ein bisschen zu warm für Glühwein".

Unerschütterliche Zufriedenheit strahlt Wilhelm Zürn aus, obwohl er Filzschuhe, Wollmützen, dicke Handschuhe und selbstgemachte Schuhsohlen verkauft. Er kann sich - wie jedes Jahr - auf seine Stammkundschaft verlassen: "Wenn's ein bisschen kühler wär, wär's halt etwas besser. Aber das sind Geschenkartikel, die kaufen die Leute trotzdem."

Der Weihnachtsmarkt ist wochentags von 10 bis 20.30 Uhr, am Samstag schon um 9 Uhr geöffnet, schließt dafür am Sonntag aber schon um 19.30 Uhr

(SZ vom 11.12.07/stä)

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