Münchener S-Bahn:Pendler im Tunnel gefangen

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"Wann die nächste S-Bahn fährt, ist uns nicht bekannt": Ein Triebwerkschaden an der Linie 4 in Richtung Geltendorf legt für mehr als eine Stunde den Verkehr in beiden Richtungen lahm - und löst ein Verkehrschaos aus.

D. Hutter, D. Mittler und R. Scharnitzky

Für Tausende von S-Bahn-Pendlern endete am Montagabend die Fahrt nach Hause in einem Fiasko. Wie eine Pressesprecherin der Deutschen Bahn bestätigte, war ein S-Bahn-Langzug der Linie 4 in Richtung Geltendorf plötzlich gegen 18.40 Uhr mitten im Tunnel zwischen den Haltestellen Rosenheimer Platz und Isartor stehengeblieben: Mitreisende, die bei der Süddeutschen Zeitung anriefen, wollen einen lauten Knall gehört haben. Sie vermuteten eine Art von Kurzschluss. Der Lokführer verließ schließlich den Führerstand, um sich einen ersten Überblick über die Lage zu verschaffen - er lief, gespannt beobachtet von den festsitzenden Fahrgästen, mehrfach über den Notweg des Tunnels an den Waggons vorbei.

Da kommt der schadhafte Zug endlich aus dem Tunnel. Zuvor blockierte er eine Stunde lang die Strecke - nicht nur zum Leidwesen der Insassen, sondern aller S-Bahn-Pendler im Bereich der Stammstrecke. (Foto: dpa)

Als Ursache für den Stillstand stellte sich schnell ein Triebwerksschaden heraus. Durch den Zwischenfall fiel der Verkehr in beiden Richtungen aus. Auf den S-Bahnhöfen in der gesamten Region standen Hunderte von frierenden Fahrgäste in klirrender Kälte und warteten auf Informationen. Sie wurden schließlich darauf verwiesen, auf andere Verkehrsmittel wie U- und Trambahnen oder Busse umzusteigen.

Für die im Tunnel gefangenen Fahrgäste der S4 indessen begann eine lange Zeit des Wartens. Zunächst wurde ihnen mitgeteilt, dass es nur zu kurzen Verzögerungen kommen werde. Dann hieß es, die Verzögerungen würden etwas länger dauern, als zunächst erwartet. Schließlich ließ der Fahrer die Fahrgäste wissen, dass es doch zu längeren Wartezeiten kommen würde.

Insgesamt saßen die Passagiere rund eine Stunde im Tunnel zwischen Rosenheimer Platz und Isartor fest. In den Abteilen ging es dennoch relativ gelassen zu - obwohl zwischendrin die Beleuchtung gedämpft wurde, was in einer dunklen Röhre wenig vertrauenserweckend wirkt. Durchsagen kamen nur sporadisch, es war offensichtlich, dass der Lokführer heftig mit der Technik des Zuges beschäftigt war. Gelegentlich war ein Klopfen zu hören, es gab mehrere Kuppelversuche. Unterdessen hatte die Bahn bereits Spezialisten zur mitten im Tunnel stehenden S-Bahn geschickt.

Sie entschlossen sich dazu, den Langzug aufzuteilen. Zunächst sollte der vordere Teil mit einem intakten Triebfahrzeug geborgen werden, dann der hintere Teil. Gegen 19.40 Uhr trafen die ersten vier Waggons des Havaristen am Isartor ein - kurz später folgte Teil zwei. Die Passagiere mussten dort alle aussteigen - es ging gar nichts mehr in Münchens berüchtigstem Nadelöhr.

Über die Lautsprecheranlage war die Ansage zu hören: "Wann die nächste S-Bahn fährt, ist uns nicht bekannt". Die Fahrgäste, viele waren froh, ihrem "Gefängnis" entronnen zu sein, strömten den Ausgängen zu und gen Trambahn. Am Hauptbahnhof kam es zu chaotischen Szenen, da die Zugänge der Station abgesperrt waren - sehr zum Unmut der Fahrgäste. Erst gegen 20 Uhr rollte wieder ein Zug durch die Röhre, die zu den meistbefahrenen Schienenstrecken Europas gehört und für ihre Störanfälligkeit bekannt ist.

© SZ vom 14.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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