Die grün-rote Stadtregierung weist Überlegungen aus der CSU zurück, die neue Milliardenlücke beim Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke mit Geld aus dem Sondervermögen des Bundes zu schließen. „Es ist absurd, jetzt Milliarden aus dem Klimafonds oder dem Sondervermögen für ein Projekt umzulenken, dessen Kostenexplosion seit Jahren bekannt ist – und für das die CSU die Verantwortung trägt“, sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD).
Auch die Grünen im Rathaus verurteilen die Idee. Der Teil des Sondervermögens, der in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) fließen soll, dürfe nicht missbraucht werden. „Die 100 Milliarden Euro im KTF sind nicht dafür da, um der CSU aus der Patsche zu helfen, in die sie sich durch Missmanagement bei Planung und Bau der zweiten Stammstrecke selbst gebracht hat“, erklärte Bürgermeister Dominik Krause (Grüne).
Bisher rechnet die Deutsche Bahn mit Gesamtkosten von bis zu 7,8 Milliarden Euro für die zweite Stammstrecke. Aus internen Konzern-Unterlagen jedoch geht hervor, dass „sich eine deutliche Kostensteigerung (im Milliardenbereich) aufgrund höherer Inflation“ ergeben wird. Der Freistaat Bayern müsste bei der aktuellen Vertragslage zwischen Bund und dem Land wohl einen wesentlichen Teil davon tragen.
Um das zu vermeiden, hatte der CSU-Abgeordnete Jürgen Baumgärtner vorgeschlagen, die Mehrkosten aus dem Sondervermögen des Bundes zu bezahlen. Dafür könnten Mittel zum Ausbau der Infrastruktur oder auch aus dem KTF genutzt werden. „Die zweite Stammstrecke dient dem Klimaschutz“, führt Baumgärtner als Grund dafür an.
Der Abgeordnete gilt als Experte der CSU für den Bau der Stammstrecke. Er leitet im Landtag den Unterausschuss, der eigens zur Überwachung des Großprojekts eingerichtet wurde. Der Freistaat ist politisch verantwortlich für die Baukontrolle. Am 8. April kommt das Gremium zum nächsten Mal zusammen, dann wird es wohl auch um die neue Milliardenlücke gehen.
Der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) lässt über einen Sprecher versichern, dass der Bau des Tunnels nicht gefährdet ist. „Die Finanzierung der 2. Stammstrecke aus Bundes- und Landesmitteln ist sichergestellt.“ Danach folgt aber ein Satz, der die Münchner Stadtspitze in ihrem Misstrauen bestätigen dürfte. „Sofern sich neue Finanzierungsmöglichkeiten ergeben, werden diese selbstverständlich geprüft“, erklärte der Sprecher.
Alle Mittel etwa für die Wärmewende wären verloren, so die Sorge
Das Sondervermögen und die 100 Milliarden Euro für den Klimafonds könnte die CSU nun genau so einordnen. Die Stadtspitze glaubt aber nicht, dass München dann noch zusätzlich Geld aus dem Sondervermögen erhielte. Damit wären alle Mittel für eine Verbesserung der Infrastruktur oder die Wärmewende verloren, befürchten Reiter und Krause.
„Mit diesem Manöver will sich die CSU finanziell Luft verschaffen, um an anderer Stelle unsinnige Wahlgeschenke zu finanzieren. Das wäre die nächste Wählertäuschung mit Ansage!“, sagt Krause. Der Oberbürgermeister fühlt sich in seiner Ahnung bestätigt, dass die Staatsregierung München bei der Vergabe des Geldes aus dem Sondervermögen benachteiligen könnte. „Der Freistaat bedient sich an Geldern, die eigentlich für zukunftsweisende Infrastruktur- und Klimaprojekte in den Städten vorgesehen sind. Für München bleiben am Ende dadurch sicher weniger Mittel übrig.“
Das will auch die CSU im Rathaus vermeiden. Fraktionschef Manuel Pretzl macht dafür eine eigene Rechnung auf. Grundsätzlich könne man zusätzlich benötigtes Geld für den Bau der zweiten Stammstrecke aus dem Sondervermögen für die Infrastruktur entnehmen, findet er. Nur dürfe das nicht als Zuschuss für die Stadt etikettiert werden. „Das ist kein Münchner Projekt, das dient den Pendlern aus dem Umland. Also muss es auch der Region Oberbayern angerechnet werden.“