Reaktionen auf Stammstrecken-Debakel"Dieses Planungsdesaster ist eine Frechheit"

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Wie lange bleibt sie wohl bestehen, die Baustelle am Marienhof? Hinter dem Sichtschutz wird für die zweite Stammstrecke gegraben.
Wie lange bleibt sie wohl bestehen, die Baustelle am Marienhof? Hinter dem Sichtschutz wird für die zweite Stammstrecke gegraben. (Foto: Florian Peljak)

Stadt- und Landespolitiker reagieren konsterniert und verärgert auf die Entwicklungen bei der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München. Sie fordern Konsequenzen, manche gar die Einstellung des Projekts.

Von Heiner Effern

Die Stadtpolitik reagiert mit Ärger und Frust auf die Kostenexplosion und die Bauverzögerung bei der zweiten S-Bahn Stammstrecke. Der Münchner CSU-Chef und bayerische Justizminister Georg Eisenreich sieht die Bundesregierung "ganz klar in der Pflicht, sich zu diesem auch ökologisch wichtigen Zukunftsprojekt zu bekennen". Die zweite Stammstrecke sei kein "Nice to have", sondern ein "Muss". Der CSU-Fraktionschef im Stadtrat, Manuel Pretzl, forderte die Deutsche Bahn auf, zur Aufklärung umgehend einen Vertreter in den Stadtrat zu entsenden.

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7,2 Milliarden soll die zweite Stammstrecke nun kosten - 3,4 Milliarden mehr, als die Deutsche Bahn bisher bestätigt hatte. Und neun Jahre länger soll der Bau dauern, bis 2037. "Dieses Planungsdesaster ist eine Frechheit", sagte Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU). "Die Ignoranz der Bundesregierung gegenüber den Interessen Bayerns und Münchens ist nicht hinnehmbar."

"Der OB muss die Notbremse ziehen"

Der Münchner FDP-Bundestagsabgeordnete Daniel Föst sieht die Verantwortlichen an allen anderen Stellen als im Bundesministerium der FDP. "Seit Jahren planen die Stadt München und der Freistaat zusammen mit der Bahn den Bau der zweiten Stammstrecke." Von den Ankündigungen und Programmen des bayerischen Verkehrsministeriums zum Ausbau des Schienennetzes München "bleibt nun wenig Tragfähiges übrig". Seine Parteikollegen im Stadtrat fordern, den Bau einzustellen. "Wir haben bessere Projekte, die preiswerter sind und alle in der Summe wesentlich mehr Verkehr auf den ÖPNV verlagern", hieß es. "Der OB muss die Notbremse ziehen und klare Fakten schaffen", sagte Stadtrat Fritz Roth.

Die Grünen im Stadtrat finden die neuen Zahlen "inakzeptabel", sagte Fraktionschefin Mona Fuchs. Bund, Land und Deutsche Bahn seien "Antworten und Aufklärung" schuldig. Die kurzfristige Absage des Krisengipfels von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) für diesen Donnerstag löste allerseits "Kopfschütteln" aus, sagte Fuchs. Der SPD-Verkehrsexperte im Stadtrat, Nik Gradl, forderte ein umgehendes Spitzengespräch mit Wissing und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und kennt auch schon das nötige Ergebnis: "Der FDP-Verkehrsminister muss die Mittel für den Nahverkehrsausbau einmalig auf 15 Milliarden erhöhen, damit die zweite Stammstrecke fertig gebaut werden kann."

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