Münchner Verlage:Wie Yin und Yang

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Nach 30 Jahren sammeln sich in einem Verlag noch mehr Textseiten, als im Bild zu sehen: Der 1993 gegründete Theaterstückverlag wird als eigenständige Marke in den Drei Masken Verlag integriert. (Foto: Lutz Wallroth/imago images/Shotshop)

Der Drei Masken Verlag und der Theaterstückverlag schließen sich von Januar 2023 an zusammen. Die beiden Verlagsleiter sehen darin eine "Stärkung durch Integration".

Von Yvonne Poppek, München

Im ersten Moment weiß man nicht so genau: Ist es eine gute oder eine schlechte Nachricht? Die beiden Münchner Verlage, der "Drei Masken Verlag" und der "Theaterstückverlag" schließen sich zusammen. In Zeiten der Krise und vor allem auch in einer Zeit nach dem Lockdown, in der es kaum Aufführungen und damit Einnahmen für Theaterverlage gab, ist die Lage nicht gerade rosig. Aber einer Vermutung, der Schritt könne nicht ganz freiwillig sein, treten Dirk Olaf Hanke, Chef des Drei Masken Verlags, und Brigitte Korn-Wimmer, Gründerin des Theaterstückverlags, klar entgegen. Die Entscheidung sei persönlich motiviert. Ihren Zusammenschluss sehen sie zudem als "Stärkung durch Integration". Kurzum: Es ist eine gute Nachricht.

"Dieser Zusammenschluss ist sehr, sehr gewollt", sagt Korn-Wimmer. Von Januar 2023 an soll der Theaterstückverlag als eigenständige Marke im Drei Masken Verlag integriert sein. Die ersten Annäherungen in dieser Hinsicht habe es bereits vor drei Jahren gegeben. "Ich will eine persönliche Veränderung", sagt Korn-Wimmer. "Der Verlag ist nicht in Schwierigkeiten." Es sei eine persönliche, aber eben auch eine künstlerische Entscheidung. Sie habe gewollt, dass der Verlag in München bleibe, aber auch, dass bei einem Zusammenschluss die Programme und Vorstellungen zusammen passen. Das sieht sie beim Drei Masken Verlag eingelöst. Und auch Hanke sagt: "Es ist wie ein Yin- und Yang-Zeichen."

Brigitte Korn-Wimmer, Gründerin des Münchner Theaterstückverlags. (Foto: Franz Wimmer)

Den Theaterstückverlag hat Brigitte Korn-Wimmer 1993 in München gegründet, der Schwerpunkt liegt auf Kinder- und Jugendtheater. Zuvor war sie Dramaturgin an der Münchner Schauburg sowie für ein internationales Theaterfestival in Italien. Sie kam also von der Theaterseite her zum Verlag, kennt sich mit den Produktionsabläufen an den Häusern aus. Zudem übersetzt sie vom Italienischen ins Deutsche, bearbeitet Texte für das Junge Theater, bringt sprachliche Kompetenzen ein. Das war sicher nicht unerheblich für ihre Neugründung. Aktuell beziffert sie die Anzahl der Autoren und Komponisten auf 350, die der Titel auf 600. Der Erfolg schlägt sich auch in anderen Zahlen nieder, etwa wenn es um den Deutschen Kinder- und Jugendtheaterpreis geht. 2022 stand ihr Verlag dreimal auf der Auswahlliste, 2020 siebenmal von 20 ausgewählten Texten. Den Preis im Bereich Kindertheater erhielt damals mit Theo Fransz einer ihrer Autoren.

Größer ist der Drei Masken Verlag mit 1800 Titeln im Programm. Er wurde 1910 als Bühnen- und Musikverlag in München gegründet, war in der Nazizeit zeitweilig in Berlin ansässig, kehrte nach München 1951 zurück. Das Portfolio ist groß, viel Zeitgenössisches - beispielsweise das Stück zur Stunde "Zerstörte Straßen" der ukrainischen Autorin Natalia Vorozhbyt - bis hin zu Karl Valentin. 2016 übernahm Hanke die Leitung. Anfang 2022 verstarb Werner Rieder, alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer des Verlags. Das führte in diesem Jahr zu neuen Entwicklungen: Mittlerweile ist Hanke Verlagsleiter und Geschäftsführer als auch zusammen mit Michael Reuther Gesellschafter des Hauses.

Dirk Olaf Hanke, Verlagsleiter des Münchner "Drei Masken Verlags". (Foto: Privat)

Das wohlgemerkt in einer Zeit der Krise und Postkrise. "Nach zwei Jahren Pandemie hat niemand von uns Geld im Rücken", sagt Hanke. 2020 wäre ohne Corona und seine Folgen "das stärkste Wirtschaftsjahr" geworden, schätzt er. Doch so beziffert er die Umsatzeinbußen auf 80 Prozent, 2021 noch auf 64 Prozent, auch 2022 werde er das Normalniveau noch nicht erreichen. Gleichwohl: Hanke sieht die Entwicklung positiv. Immer mehr Theater bestellten wieder Auftragswerke, die Geschichten kehrten auf die Bühne zurück. "Ich habe das Gefühl, es zieht an." So sieht er, dass mehr soziale Themen für das Schauspiel entwickelt werden. Und statt Dystopien werden Ideen und Wege des Zusammenlebens aufgezeigt, wie es anders gehen könnte, "und sei es nur im Zwischenmenschlichen".

Zwischenmenschlich funktioniert es übrigens zwischen den beiden Verlagsleitern ebenfalls gut, das vermittelt sich in einem gemeinsamen Gespräch sehr deutlich, ihre Einschätzung von Theater, von Texten, von ihrer Leidenschaft, mit Autoren zu arbeiten, liegt eng beieinander. Zudem ist der Zusammenschluss nicht mit einem Stellenabbau verbunden: Korn-Wimmers einziger Mitarbeiter wechselt in den Drei Masken Verlag, dort bleiben ebenfalls alle Stellen erhalten. Hanke kündigt sogar noch einen weiteren Ausbau an. Und Korn-Wimmer plant, vorerst beratend weiter tätig zu sein und auch weiter zu übersetzen. Es ist also ein guter Übergang von Zwei auf Eins.

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