Süddeutsche Zeitung

Öffentlicher Dienst:Weitere 30 000 Beschäftigte können auf doppelte München-Zulage hoffen

  • Vom 1. Januar 2020 an bekommen die direkt bei der Stadt angestellten Beschäftigten die doppelte München-Zulage.
  • Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter will das auch auf die Mitarbeiter der städtischen Tochtergesellschaften ausweiten.
  • Das würde etwa 30 000 Menschen ein Plus beim Gehalt bescheren.

Von Heiner Effern

Die Stadt soll auch den Mitarbeitern ihrer Tochtergesellschaften eine höhere Zulage bezahlen. Diesen Vorschlag wird Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Mittwoch in den Stadtrat einbringen. Die direkt bei der Kommune angestellten Beschäftigten werden vom 1. Januar 2020 an die doppelte München-Zulage erhalten. Das ist längst beschlossen. Nun sollen auch Tausende Beschäftigte der München Klinik, des Münchenstifts, der Wohnungsgesellschaften, der Olympiapark GmbH oder der Stadtwerke bedacht werden. Allerdings mit einer Einschränkung: Mehr Geld sollen nur diejenigen bekommen, die vergleichbare Einkommen wie die Begünstigten bei der Stadt erhalten.

Grundsätzlich können etwa 30 000 Mitarbeiter der kommunalen Töchter auf ein Plus hoffen. "Mir geht es darum, dass wir keine Zwei-Klassen-Gesellschaft bekommen", erklärt OB Reiter seinen Vorstoß. Für alle Mitarbeiter gelte: Sie sollten sich das Leben in München wenigstens etwas leichter leisten können. Beschäftigte von hundert- oder nahezu hundertprozentigen Töchtern sollten da nicht schlechter gestellt sein als ihre Kollegen, die direkt bei der Kommune angestellt sind. "Dort, wo wir bei den Töchtern unter der Grenze liegen, werden wir genauso verdoppeln", verspricht Reiter mit Bezug auf die München-Zulage.

Wenig Hoffnungen dürften sich die Angestellten der Stadtsparkasse oder Chefärzte der München Klinik machen, berechtigte dagegen Schwestern in den Krankenhäusern oder Altenpfleger im Seniorenheim. Für alle betroffenen Berufsgruppen soll die geplante Erhöhung sehr schnell zur Gewissheit werden. "Ich möchte, dass sie das ab dem 1. April auf dem Konto sehen", sagt der Oberbürgermeister.

Davor sind aber noch rechtliche und finanzielle Fragen zu klären. Insbesondere die Geschäftsführer der München Klinik und des Münchenstifts mit ihren zusammen fast 10 000 Beschäftigten haben signalisiert, dass sie die höhere Zulage nicht bezahlen können. Wo es nötig sei, "muss die Stadt einspringen", sagt Reiter. Allerdings wird das von Tochter zu Tochter unterschiedlich sein. Die Stadtwerke etwa als florierendes Unternehmen werden die Kosten laut OB selbst tragen müssen. Trotzdem wird wohl jährlich ein Millionenbetrag fällig, mit dem die Stadt ihre Töchter unterstützen müssen wird.

"Wir können das aus eigener Kraft nicht schaffen", sagt Axel Fischer, Geschäftsführer der München Klinik. Er ist gerade dabei, die Gesellschaft mit fünf städtischen Kliniken zu sanieren. Zusätzliche Personalkosten in Millionenhöhe sind da kaum aufzubringen, auch wenn die Gewerkschaft Verdi dies fordert. Die Verhandlungen laufen bereits. Obwohl Fischer eine genau Zahl nicht nennen mag, lässt sich abschätzen, was er pro Jahr aufbringen müsste. Derzeit bezahlt die Klinik davon 85 Euro. Nimmt man nun etwa 5000 betroffene Mitarbeiter, die angepeilten 185 Euro Erhöhung und zwölf Monatsgehälter, landet man grob bei etwa 11 Millionen Euro im Jahr. Selbst wenn in höheren Gehaltsgruppen nur die Hälfte bezahlt wird, bleibt die Summe hoch. Spricht man Fischer auf einen zweistelligen Millionenbetrag an, dementiert er zumindest nicht.

Deutlicher wird noch Münchenstift-Geschäftsführer Siegfried Benker. Er hat bereits durchgerechnet, was die höhere München-Zulage für sein Haus bedeuten würde. "Ich finde es richtig, wenn wir die unseren Mitarbeitern zahlen würden. Aber das würde uns sechs Millionen Euro im Jahr kosten", sagt er. Es gebe nur zwei Möglichkeiten, das Geld aufzubringen. Zum einen könnte das Münchenstift die Kosten an die etwa 2100 Senioren durchreichen, die derzeit betreut werden. Das würde für jede Person alleine pro Monat zwischen 280 und 300 Euro an Mehrkosten bedeuten. "Das kann ich nicht machen", sagt Benker. Also muss Variante zwei greifen. "Die Stadt München finanziert das für uns."

Insbesondere bei den Altenheimen und Kliniken könnten EU-Vorgaben ein Problem werden

Ob und wo das so kommt, ist noch ungewiss. Unterschiedliche Zulagen, verschiedene Tarifverträge, steuerliche Probleme oder drohender Ärger mit der Europäischen Union, die Wettbewerbsverzerrungen verhindern will, machen noch viel Detailarbeit nötig. Gerade bei den Kliniken und Altenheimen könnten EU-Vorgaben ein Thema sein. Intern ist zu hören, dass man hofft, einen rechtlich sicheren Weg gefunden zu haben. Helfen bei der Finanzierung könnte auch das neue Pflegestärkungsgesetz des Bundes. Darüber könnte eventuell die höhere Zulage für Schwestern und Pfleger wenigstens teilweise aufgefangen werden.

Die Stadtwerke wiederum zahlen von sich aus schon Boni und Prämien, Nahverkehrstickets oder bieten günstigere Strompreise für Mitarbeiter. Die meisten Mitarbeiter seien "finanziell schon jetzt deutlich besser gestellt" als die Kollegen bei der Stadt, erklärte ein Sprecher. "Auf Wunsch der Stadtspitze prüfen wir aber eine teilweise Anwendung der Münchenzulage für einkommensschwächere Mitarbeitergruppen." Die Stadtspitze, gemeint ist Oberbürgermeister Reiter, legt explizit Wert darauf, dass auch "Busfahrer oder Bademeister" bei Bedarf eine höhere Zulage bekommen müssten.

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SZ vom 13.12.2019/mmo
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