Zirkusdirektor André Kaiser hat den Daumen oben in den Latzhosenträger gesteckt, er stiert nach unten auf das grüne Gras im Tiergehege. Kaiser ist muskulös, die Hände sind schmutzig von der Arbeit, das Käppi hat er tief in die Stirn gezogen.
Sachlich versucht er, die Situation zu schildern, und irgendwann sagt er dann doch etwas leise: "Es geht mir total nah, ich lebe mit meinen Tieren." Jetzt ist eines von ihnen tot: Ein Strauß wurde in Kleinhadern überfahren, nachdem Unbekannte den Tiertransporter aufgebrochen hatten. Tierschützer setzen laut Kaiser dem kleinen Münchner Zirkus seit zwei Wochen massiv zu. "Was wir in der letzten Zeit mitgemacht haben; langsam geht es an die Existenz", sagt André Kaiser.
Kaiser ist traurig und sauer. Er fühlt sich von Tierschützern attackiert. Beim Gastspiel im Hasenbergl hätte man ihnen fast alle Plakate verschmiert mit Sprüchen wie "Tierquäler. Free all animals", Schaden etwa 3500 Euro. Dann wurde die Scheibe des Kassenhäuschens eingeschlagen, in Ramersdorf später das Gehege der Esel an sieben Stellen aufgeschraubt, sodass die Tiere davonliefen. Sie konnten wieder eingefangen werden.
"Sie trugen Bomberjacken mit Peta-Logo"
"Als ich in Ramersdorf nachts schauen wollte, weil die Hunde anschlugen, wurde ich von hinten angegriffen und auf den Kopf geschlagen", erzählt er. Außerdem hätten in Ramersdorf direkt vor dem Kassenhäuschen Tierschutz-Aktivisten demonstriert. "Aber mit denen zu reden, bringt gar nichts." Und auch am Montag, als der Zirkus von Ramersdorf nach Pasing an die Blumenauer Straße weiterzog, seien die Mitarbeiter von drei Männern und einer Frau beobachtet und bis Pasing verfolgt worden. "Die Männer trugen Bomberjacken mit Peta-Logo", sagt Kaiser.
Der Zirkus Kaiser ist ein Familienbetrieb in neunter Generation, gegründet im Jahr 1805. "Mein Vater hat den Stadtteilzirkus geführt, heute reisen wir durch ganz Europa", erzählt André Kaiser. Der 29-Jährige leitet den Betrieb mit 15 Personen und 85 Tieren. In der Manege tritt er als Tierlehrer auf mit Europas größter Exotendressur. Den Bison hat er beispielsweise selbst mit der Flasche aufgezogen, ebenso die Antilopen, deren Mutter bei der Geburt gestorben war. Und auch die beiden Straußen, die seit 30 Jahren im Zirkus Kaiser leben, gehörten quasi zur Familie.
Am Montagabend war Kaiser noch spät um 21 Uhr am Kamelgehege zugange. Der Transporter mit dem Straußen-Paar Nala und Zawo und Gans Fred stand am äußersten Eck des Geländes, Richtung Silberdistelstraße. Laut Polizei versuchten die Unbekannten, die Türe aufzubiegen, anschließend schraubten sie Teile des Riegels ab, um die Türe zu öffnen. Die Tiere liefen ins Freie und irrten in der Gegend umher. André Kaiser bekam davon nichts mit, die Sicht auf den Wagen war verdeckt.
Der übriggebliebene Strauß darf nicht alleine gehalten werden
Eine halbe Stunde später meldeten Passanten der Polizei, dass ein toter Strauß an der Senftenauer Straße liege. Nala war angefahren worden, der Verursacher flüchtete. Der andere Strauß, Zawo, befindet sich in einer Tierklinik. Er überlebte. Aber er wird wohl eingeschläfert werden müssen, laut Auflagen darf ein Strauß nicht alleine gehalten werden. Dabei waren Nala und Zawo schon in Rente und hätten auf einem Gnadenhof untergebracht werden sollen.
Peter Höffken von Peta hat Anzeige beim Veterinäramt erstattet, damit dem Zirkus die Lizenz entzogen wird. Er hält es für ausgeschlossen, dass Tierschützer Gatter öffnen, "das ist grobe Fahrlässigkeit von Zirkusleuten". Peta ist generell gegen Tierhaltung im Zirkus. Peter Kaiser jedenfalls hat einen Security-Dienst engagiert, die Polizei zeigt am Gelände starke Präsenz. Die nächste Vorstellung am Donnerstag findet statt.