Süddeutsche Zeitung

Immobilien:Warum sich der Wohnungsbau im Münchner Osten verzögert

Lesezeit: 3 min

Neben der Autobahn 94 sollten in Zamdorf auf sechs Hektar zahlreiche neue Gebäude entstehen. Doch die Pläne ruhen seit geraumer Zeit. Über verpasste Chancen, einen öffentlichkeitsscheuen Immobilieninvestor - und die Hochhausdebatte.

Von Lea Kramer

Kürzlich hat der Wind ein paar Bauzäune aus der Verankerung gerissen, das war aber schon das einzige, das sich seit Jahren rund um die Brache an der Eggenfeldener Straße im Stadtteil Zamdorf bewegt hatte. Neben dem leeren Tankstellengrundstück gibt es dort nämlich noch ein Bauvorhaben, das seit einiger Zeit ruht. Dabei geht es um verpasste Chancen, einen bayerischen Immobilieninvestor - und ein neues Hochhaus für den Münchner Osten.

Auf einem sechs Hektar großen Areal zwischen der Autobahn 94 in Richtung Passau und der Eggenfeldener Straße soll in den kommenden Jahren ein Gewerbegebiet in ein Wohnquartier umgewandelt werden. Etwa die Hälfte des Geländes gehört der Stadt, der Rest ist im Privatbesitz. Entwickelt wird das Projekt von der Münchner Dibag Industriebau AG, die das Areal unter dem Namen "Bogenhausen Süd" führt. Vorgesehen ist dort eine Mischung aus Wohnen und Gewerbe mit einer Geschossfläche von 52 000 Quadratmetern.

Bereits 2017 ist für das Vorhaben ein Architekturwettbewerb ausgelobt worden. Gewonnen hat ihn seinerzeit das Büro "Florian Krieger Architektur und Städtebau" aus Darmstadt, dessen Entwürfe auch ein 15-stöckiges Hochhaus im Westen des Planungsgebiets vorsahen. Weiter östlich sollen drei Höfe mit Platz für 380 Wohnungen samt Kindertagesstätte entstehen.

Verzögerungen beim städtischen Wohnungsbau

Ein Entwurf für den Bebauungsplan liegt seit Ende 2020 vor. Allerdings gebe es noch Unstimmigkeiten zwischen den Grundstückseigentümern, heißt es im Erfahrungsbericht "Wohnen in München IV" für das Jahr 2021, den das Referat für Stadtplanung und Bauordnung vor fast genau einem Jahr vorgelegt hat. Darin war das Quartier an der Eggenfeldener Straße eines der Beispiele dafür, warum die Stadt ihre selbst gesetzten Bauziele nicht so schnell erfüllt.

Damit im Münchner Osten doch noch was vorangeht, will die Stadt nun ohne die privaten Grundstückseigentümer weitermachen - zumindest, was das Wohngebiet angeht. "Es ist daher nun geplant, eine Teilung des Bebauungsplangebietes vorzunehmen und nur den östlichen Teil zur Satzung zu bringen", heißt es in dem Papier aus dem Referat. Da deshalb Teile des Verfahrens wiederholt werden müssten, hat sich der Zeitplan weiter nach hinten verschoben. Das Planungsreferat geht davon aus, dass der Stadtrat die Details für das Gebiet erst 2024 endgültig festzurren kann.

In der Vergangenheit war von einem Hochhaus die Rede - doch die Planung könnte sich noch ändern

Im Streit um das Gelände geht es vermutlich auch um die Höhenentwicklung für den vorgesehenen Büropark. In der Vergangenheit war von einem um die 60 Meter hohen Gebäude die Rede. Nicht zuletzt durch die neu entflammte Debatte rund um Münchens Hochhausobergrenze könnte sich die Planung an dieser Stelle ändern.

Das Planungsgebiet liegt direkt gegenüber vom Hochhaus der Süddeutschen Zeitung, das gut 99 Meter misst. Hinzu kommt, dass im nahen Gewerbegebiet zwischen Wertstoffhof, S-Bahnhof Berg am Laim und dem Hüllgraben der österreichische Investor Imfarr mehrere Grundstücke gekauft hat, auf denen auch "attraktive Hochpunkte" entstehen sollen, wie es auf der Internetseite des Unternehmens heißt. Und auch das sogenannte Gewerbeband Steinhausen, das vom Vogelweideplatz entlang der Autobahn bis nach Daglfing reicht, ist einer der Orte, der städteplanerisch für besonders stadtbildprägende Hochbauten identifiziert worden ist.

Darüber, wie weit es in die Höhe geht, will das Referat für Stadtplanung und Bauordnung nicht spekulieren

An der Eggenfeldener Straße rechnet der Investor mit einer ähnlichen Zeitschiene wie die Stadt. "Wir gehen von einer Durchführung der öffentlichen Auslegung des Bebauungsplans im Jahr 2024 aus", sagt Dibag-Vorstandsmitglied Sebastian Kuhlen. Mehr ist vonseiten des Unternehmens nicht über das Projekt zu erfahren. Das ist wenig überraschend, gilt der Gründer der Unternehmensgruppe, Alfons Doblinger, selbst als äußerst öffentlichkeitsscheu. Sein erstes Interview gab er der SZ im Jahr 2010, da war er bereits 64 Jahre alt und eine etablierte Größe in der Immobilienbranche. Begonnen hat alles 1990, als Doblinger Wohnungen aus dem Bestand der "Neuen Heimat" kaufte. Mittlerweile gehören der Firmengruppe einige besonders attraktive Grundstücke in der Münchner Innenstadt - darunter: der Kaufhof am Marienplatz.

Wie weit es in Zamdorf aber in die Höhe gehen wird, darüber will auch das Referat für Stadtplanung und Bauordnung nicht spekulieren: "Inwieweit sich aufgrund der Umplanungen bezüglich der Höhenentwicklung Änderungen ergeben, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilt werden", sagt ein Referatssprecher.

Auf der Tankstellenbrache gegenüber dem Doblinger-Quartier ist ebenfalls vor sechs Jahren ein Antrag für den Neubau eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage gestellt worden. Das Bauunternehmen, das vor ein paar Jahren noch um Wohnungskäufer an der Stelle warb, ist mittlerweile liquidiert worden. Wie schnell auf dem Schotterplatz also neuer Wohnraum entsteht, ist ebenfalls ungewiss.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5766699
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.