Besuch im Prinz-Eugen-Park:Wie Reiter die Bauministerin überzeugen will

Lesezeit: 2 Min.

Alles aus Holz: Oberbürgermeister Dieter Reiter führt Bundesbauministerin Klara Geywitz durch die Holzbau-Siedlung im Prinz-Eugen-Park. (Foto: Catherina Hess)

Klara Geywitz lernt bei ihrem Antrittsbesuch in München das Modell-Wohnquartier Prinz-Eugen-Park kennen. Oberbürgermeister Reiter macht diesen Spaziergang nicht ohne Hintergedanken.

Von Sebastian Krass

Als der Tross einen Stopp neben einem kleinen Feld mit Gemeinschaftsgärten einlegt, sind Grundkenntnisse in Botanik gefordert. Bundesbauministerin Klara Geywitz zeigt auf einen Strauch und will wissen: "Weiß jemand, wie das Kraut da heißt?" Jemand ruft: "Dill." Stadtbaurätin Elisabeth Merk macht einen anderen Vorschlag: "Es könnte auch Fenchel sein." Das bleibt allerdings ein Minderheitsvotum. Oberbürgermeister Dieter Reiter geht auf Nummer sicher, zeigt auf einen Strauch, der voll hängt mit reifen Johannisbeeren, und sagt: "Da habe ich eine sichere Trefferquote." Er erwähnt bei dieser Gelegenheit auch, wie gepflegt die Grünanlagen hier im Neubaugebiet Prinz-Eugen-Park sind. Das zeige, darin ist die Gruppe sich einig, dass die Menschen sich hier wohl und auch verantwortlich für den Ort fühlten.

Es ist an diesem späten Donnerstagnachmittag ein - man kann es nicht anders sagen - für die Stadt München rundum gelungener Kennenlerntermin mit der immer noch relativ neuen Ministerin aus Berlin, die praktischerweise Sozialdemokratin ist wie der OB, was vom ersten Moment an eine lockere Atmosphäre schafft. Die ökologische Mustersiedlung auf dem ehemaligen Kasernengelände in Oberföhring mit insgesamt 1800 Wohnungen, von denen 600 in Holzbauweise entstanden sind, ist seit einiger Zeit der eindeutige Favorit, wenn Gästen von außen die Vorzüge hiesiger Stadtplanung gezeigt werden sollen. Kaum ein Monat vergeht, ohne dass Delegationen hindurchgeschleust werden.

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Und an diesem Tag passt einfach alles: Die Wildblumenwiesen bersten vor Blütenpracht. Die Bundesbauministerin sieht (Obacht, Symbolbild) glückliche Kinder mit einer ganzen Batterie von Baggern im Sandkasten. Als später dann noch eine Achtjährige erzählt, dass sie gern in die Ganztagsschule geht, weil man da auch viel Freizeit hat und dass das Mittagessen schmeckt, "es gibt Milchreis und Spätzle", ist das Großstadtidyll perfekt. Bullerbü Hilfsausdruck, könnte es beim Schriftsteller Wolf Haas heißen.

Geywitz, deren Hauptaufgabe es ist, den massenhaften Neubau von bezahlbarem Wohnraum mit klimaschonendem Bauen zu verbinden, zeigt sich am Ende äußerst angetan. "Neben dem vielen Holz sind das viele Grün und die Biodiversität beeindruckend", sagt sie und wendet sich an OB Reiter: "Wenn man ein Schmetterling wäre, hätte man es gut bei dir."

Bei so viel Harmonie geht es fast unter, dass Geywitz zwar warme Worte und viel Wohlwollen für die Arbeit ihres Parteifreundes und seiner Leute aus der Stadtverwaltung mitgebracht hat, aber keine neuen Nachrichten zu den wohnungspolitischen Themen, die der Stadt auf der Seele brennen. Zum kommunalen Vorkaufsrecht für Wohnhäuser in Erhaltungssatzungsgebieten, das vom Bundesverwaltungsgericht weitgehend gekippt wurde, hat Geywitz' Ministerium zwar in kurzer Zeit einen neuen Gesetzentwurf erarbeitet, die Unterstützung der Grünen ist ihr sicher. Der aber ist beim FDP-geführten Bundesjustizministerium erstmal auf Eis gelegt. Auf die Frage, ob es stimme, dass das Thema demnächst im Ampel-Koalitionsausschuss verhandelt werden solle, geht Geywitz nicht direkt ein. Sie spricht davon, dass sie zu diesem und anderen Themen wie der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen in regelmäßigem Austausch mit dem Haus von Justizminister Marco Buschmann sei - und dass sie guter Dinge sei, zu einer Einigung zu kommen. Auf ein zeitliches Ziel, etwa den Kommunen das Vorkaufsrecht noch in diesem Jahr zurückzugeben, will sie sich gleichwohl nicht festlegen.

Ein anderes Großthema spricht Reiter an. Er habe nicht nur mit dieser Bundesregierung in den paar Monaten schon mehr Kontakt gehabt als mit den Regierungen vorher über die ganze Zeit. Er habe auch kürzlich mit dem neuen Chef der Immobilienagentur des Bundes, der Bima, gesprochen. "Er will prüfen lassen, welche Flächen des Bundes in München für neuen Wohnungsbau in Frage kommen", berichtet Reiter. Er hoffe, bis Ende des Jahres eine erste Zwischenbilanz zu bekommen. "Und ich habe zugesagt, dass wir als Stadt dann helfen mit der schnellen Schaffung von neuem Baurecht." Geywitz nickt zustimmend und ergänzte, dass auch viele Bundesbedienstete in Städten wie München bezahlbaren Wohnraum bräuchten. Ein Vorbild für solche neuen Quartiere hat Geywitz an diesem Tag kennengelernt.

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