Neue Verordnung:München bekommt mehr Freiheit beim Wohnungsbau

Neue Verordnung: München braucht dringend mehr Wohnraum. Eine neue Verordnung erlaubt es der Stadt, weitergehende Befreiungen von Bebauungsplänen zu erteilen als bisher.

München braucht dringend mehr Wohnraum. Eine neue Verordnung erlaubt es der Stadt, weitergehende Befreiungen von Bebauungsplänen zu erteilen als bisher.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Der Freistaat hat eine von der Stadt lang ersehnte Verordnung auf den Weg gebracht. Das könnte etwa mehr Nachverdichtung ermöglichen.

Von Sebastian Krass

Nach langem Warten bekommt die Stadt München vom Freistaat bald mehr Freiheit beim Genehmigen von Wohnungsbau. Das bayerische Bauministerium hat nach Auskunft eines Sprechers eine Verordnung auf den Weg gebracht, die München zu einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt erklärt. Dadurch tritt eine Regelung aus dem seit knapp einem Jahr geltenden "Baulandmobilisierungsgesetz" des Bundes in Kraft, was nur möglich ist, wenn ein Bundesland die entsprechende Verordnung erlässt. Das von der SPD vorangetriebene und nach langem Ringen vom damaligen Koalitionspartner CDU/CSU mitgetragene Gesetz soll unter anderem dazu beitragen, den Wohnungsmarkt in großen Städten zu entspannen und Mieterinnen und Mieter besser zu schützen.

Die nun angeschobene Verordnung erlaubt es der Stadt, zum Zweck des Wohnungsbaus weitergehende Befreiungen von Bebauungsplänen zu erteilen als bisher. Sie kann also in Gebieten, für die eigentlich ein gewisses Baurecht festgeschrieben ist, mehr Wohnraum genehmigen. Das könnte etwa mehr Nachverdichtung ermöglichen. Wie sich die Regelung genau auswirkt, würde sich erst mit der Anwendung zeigen.

Damit erfüllt der Freistaat der Stadt München einen von zwei Wünschen, die aus dem Bundesgesetz resultieren. Die zweite, aus Sicht der Kommune mindestens genauso wichtige Verordnung, mit der eine Kommune stadtweit die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erschweren oder verhindern kann, lässt allerdings noch auf sich warten - zum Ärger der Stadt.

Das bayerische Kabinett habe im Dezember 2021 beschlossen, jene erste Verordnung zum angespannten Wohnungsmarkt zu erlassen, erklärt der Sprecher von Bauminister Christian Bernreiter (CSU). Nach einer weiteren Prüfung habe man nun die Gemeinden und kommunalen Spitzenverbände um Stellungnahmen und mögliche Einwände gebeten. Deshalb könne der Erlass der Verordnung noch nicht genau terminiert werden, man verfolge das aber "mit äußerster Priorität" und strebe "einen möglichst zeitnahen Verordnungserlass an".

Beim Umwandlungsverbot zögert der Freistaat, ein Sprecher verweist auf "weitreichende Folgen"

An der Landeshauptstadt wird das nicht scheitern. Die Stellungnahme werde "dem Freistaat zeitnah übermittelt", erklärt ein Sprecher des Planungsreferats. Sie müsse nicht vom Stadtrat verabschiedet werden, da dieser sich bereits zum Baulandmobilisierungsgesetz positioniert habe. Man habe den Freistaat "bereits mehrfach um diese Verordnung gebeten" und begrüße, dass dieser diese nun "endlich" erlassen wolle, erklärt der Sprecher von Stadtbaurätin Elisabeth Merk.

Allerdings bedauert Merk in dem Statement - und da weiß sie eine breite Mehrheit im Stadtrat hinter sich -, dass der Freistaat von der Möglichkeit, jene zweite Verordnung zum Umwandlungsverbot zu erlassen, "bislang keinen Gebrauch gemacht hat". Nur wenn der Freistaat festlegt, ab welcher Zahl von Wohneinheiten in einem Haus dieses Umwandlungsverbot gilt, kann es stadtweit in Kraft treten. Der vom Bundesgesetz vorgegebene Rahmen reicht von drei bis 15.

Der Sprecher des bayerischen Bauministeriums verweist darauf, dass es in Gebieten mit Erhaltungssatzung bereits einen Schutz vor Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen gebe. In München leben gut 330 000 der 1,56 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner in solchen Gebieten mit Milieuschutz. Es werde derzeit "eingehend betrachtet", ob man "rechtssicher" von der Möglichkeit, eine über diese Gebiete hinausgehende Verordnung erlassen zu können, Gebrauch machen könne. Der Ministeriumssprecher betont in dem Zusammenhang "die Tragweite einer solchen Verordnung" und die "weitreichenden Folgen".

Die grün-rote Rathauskoalition hat der Staatsregierung bereits mehrmals vorgeworfen, die Umsetzung des von der CSU im Bundestag mitbeschlossenen Gesetzes zu verschleppen. Simone Burger, wohnungspolitische Sprecherin von SPD/Volt, nannte das Verhalten des Freistaats "verheerend". Das Planungsreferat werde in seiner Stellungnahme zur ersten Verordnung noch einmal kritisieren, dass die zweite Verordnung bisher aussteht, erklärt der Sprecher von Stadtbaurätin Merk. Und man werde "weiter auf den Freistaat Bayern einwirken, diese Verordnung doch noch zu erlassen".

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