Jahresbericht:Wohnraum-Ermittler präsentieren Erfolgsbilanz

Jahresbericht: Ob eine Wohnung zweckentfremdet wird oder ob eine rechtskonforme Nutzung vorliegt, lässt sich nicht immer klar abgrenzen.

Ob eine Wohnung zweckentfremdet wird oder ob eine rechtskonforme Nutzung vorliegt, lässt sich nicht immer klar abgrenzen.

(Foto: Sven Hoppe/picture alliance/dpa)

Der Kampf gegen Zweckentfremdung lohnt sich: Das Sozialreferat kann 450 Wohnungen wieder ihrem ursprünglichen Zweck zuführen. Immer mehr Betroffene ziehen vor Gericht - allerdings meistens erfolglos.

Von Sven Loerzer

Trotz der im vergangenen Jahr erschwerten Arbeitsbedingungen wegen der Corona-Pandemie hat das Sozialreferat bei mehr Wohnungen eine zweckfremde Nutzung beendet als noch im Jahr zuvor: 450 Wohnungen (2021: 441) stehen damit wieder für ihren ursprünglichen Zweck zur Verfügung. Davon waren 246 Wohnungen länger leer gestanden, 132 Wohnungen als Feriendomizil und 72 Wohnungen für gewerbliche Zwecke genutzt worden.

Weil der Münchner Mietmarkt als besonders lukrativ gilt, sind gewerbliche Anbieter nicht um Einfälle verlegen, wenn es darum geht, möglichst viel Geld mit der Vermietung herauszuholen. Es sei immer häufiger zu beobachten, erklärt Sozialreferentin Dorothee Schiwy in ihrem Bericht für den Sozialausschuss des Stadtrats, "dass Wohnungen in möblierte einzelne Zimmer aufgeteilt werden". Diese einzelnen Räume würden dann zu einem hohen Preis an wechselnde Nutzerinnen und Nutzer zum jeweils lediglich vorübergehenden Aufenthalt vermietet.

Für das Sozialreferat stellt dies jedoch eine Zweckentfremdung von Wohnraum dar, da diese Form der Vermietung dem Zweck der "Fremdenbeherbergung" diene. Das allerdings gerichtsfest nachzuweisen, sei für das Sozialreferat mitunter nicht einfach, zumal die Abgrenzung zu einer zulässigen Wohnnutzung, etwa durch eine Wohngemeinschaft, nicht in jedem Fall eindeutig sei. In einem Einzelfall habe überdies ein Gericht im vergangenen Jahr entschieden, dass es sich nicht immer zwangsläufig um eine Zweckentfremdung handle, wenn eine Wohnung länger als acht Wochen pro Kalenderjahr als Ferienwohnung vermietet werde.

Das Sozialreferat möchte deshalb erreichen, dass der Freistaat das Zweckentfremdungsgesetz verschärft, um die illegale Kurzzeitvermietung von Wohnraum wirksam unterbinden zu können. In insgesamt 390 Fällen musste die Behörde im vergangenen Jahr Verfahren einstellen, weil eine längere Vermietungsdauer als acht Wochen nicht nachgewiesen werden konnte.

Mit Abklingen der Pandemie dürften wieder mehr Wohnungen als Feriendomizile genutzt werden

Der wegen Corona starke Einbruch beim Städtetourismus habe zwar im vergangenen Jahr auch zu einem Einbruch bei touristisch bedingten Ferienwohnungsnutzungen geführt, wie sie etwa in Internetportalen angeboten würden, berichtet Schiwy. Die Angebote dürften aber mit dem Abklingen der Pandemie wieder deutlich zunehmen. Weil sich die Ermittlungsarbeit im Einzelfall sehr aufwendig gestaltet, fordert das Sozialreferat vom Freistaat, eine Registrierungs- und Genehmigungspflicht für Ferienwohnungen einzuführen.

Gut etabliert hat sich die 2018 eingeführte Online-Meldeplattform für vermutete Zweckentfremdungen. Darüber erhielt das Sozialreferat 2021 insgesamt 576 Meldungen. Ihre Zahl ist damit im zweiten Pandemie-Jahr nur noch leicht zurückgegangen. Im letzten Jahr vor der Pandemie, 2019, waren es 1033. Rund 60 Prozent der Hinweise gehen anonym ein. Am häufigsten gibt es Hinweise auf den vermuteten Leerstand von Wohnungen.

Immer häufiger wehren sich die Betroffenen gegen die Untersagung einer zweckfremden Nutzung vor Gericht. Allerdings mit geringem Erfolg: Von den 127 abgeschlossenen Gerichtsverfahren in 2021 habe die Stadt nur 24 verloren. Um Anordnungen durchzusetzen, droht das Sozialreferat Zwangsgelder an, insgesamt fast 2,4 Millionen Euro im Jahr 2021, mehr als das Doppelte als im Jahr zuvor. In vielen Fällen lenkten die Betroffenen daraufhin ein, so dass nur etwas mehr als eine Million Euro tatsächlich fällig wurde. Außerdem erließ die Stadt 35 Bußgeldbescheide über insgesamt mehr als 2,4 Millionen Euro, das Dreifache des Vorjahrs.

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