Krise beim Wohnungsbau:München sagt Genossenschaften Förderung in Millionenhöhe zu

Krise beim Wohnungsbau: Der Bau mehrerer Hundert bezahlbarer Wohnungen im neuen Stadtteil Freiham soll mit dem Programm gefördert werden.

Der Bau mehrerer Hundert bezahlbarer Wohnungen im neuen Stadtteil Freiham soll mit dem Programm gefördert werden.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Wegen explodierender Kosten steht der Bau von knapp 1000 bezahlbaren Wohnungen infrage. Die grün-rote Koalition reagiert mit einem Programm, dessen Ausmaß noch nicht absehbar ist.

Von Sebastian Krass

Knapp 1000 neue bezahlbare Wohnungen stehen auf der Kippe, weil Genossenschaften wegen explodierender Baukosten und gestiegener Zinsen in finanzielle Nöte geraten. Nun will die Stadt mit einem neuen millionenschweren Förderprogramm gegensteuern. In einem gemeinsamen Antrag beauftragt die grün-rote Rathauskoalition das Planungsreferat, einen "Teuerungsausgleich" für den Konzeptionellen Mietwohnungsbau (KMB) zu entwickeln. Nach diesem Modell entsteht Wohnraum mit einer Maximal-Kaltmiete von 13,50 Euro pro Quadratmeter (künftig 14,50 Euro), der KMB ist gedacht für Menschen, die mit ihren Einkommen oberhalb der Grenzen für geförderten Wohnungsbau liegen.

"Wir wollen das Signal senden, dass genossenschaftliches Bauen auch in finanziell schwierigen Zeiten auf städtischen Flächen möglich bleibt", sagte Christian Müller, Fraktionschef von SPD/Volt, am Dienstagmittag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Fraktion von Grünen/Rosa Liste. Deren Stadträtin Anna Hanusch berichtete, dass eine Genossenschaft, die den Zuschlag für ein Baufeld mit 200 Wohnungen in Neu-Freimann (frühere Bayernkaserne) bekommen hatte, sich kürzlich zurückgezogen hatte.

Weil es wegen der schwierigen Wirtschaftslage bei der Ausschreibung im Sommer keine weitere Bewerberin gegeben hatte, die nun nachrücken konnte, muss das Grundstück neu ausgeschrieben werden, was einen Zeitverlust von ein bis zwei Jahren bedeutet. Offenbar befürchtet man im Rathaus, dass weitere Rückzüge drohen. Ein Szenario, das Hanusch "fatal" nennt. "Um die Akteure an Bord zu halten", wie die Grünen-Stadträtin sagt, kündigt die Koalition nun das Programm an, obwohl einige juristische Fragen noch ungeklärt sind. Beschließen soll es der Stadtrat Anfang des neuen Jahres.

Grün-Rot geht von einer zweistelligen Millionensumme aus

Der SPD-Politiker Müller beziffert den "Gesamtzuschuss" auf eine "zweistellige Millionensumme". Wie teuer es für die Stadt wird, hängt ganz wesentlich auch davon ab, wie sich Baukosten, Zinsen und KfW-Fördergelder des Bundes weiter entwickeln. In ihrem Antrag schreibt die Koalition von "einem zeitlich befristeten Teuerungsausgleich als Darlehen oder ergänzende Förderung". Ob die Stadt etwa einen zinslosen Kredit mit zunächst ausgesetzter Tilgung vergibt oder tatsächlich einen Zuschuss ohne Rückzahlung gewähren kann, ist noch zu klären.

Auch die Dauer des Programms ist noch offen. Sollte sich die Lage am Bau entspannen, dann könnten die Genossenschaften bald wieder auf eigenen Beinen stehen. Sollte das aber nicht eintreten, könnte die Förderung zu einer Dauereinrichtung werden. Denn den Neubau von Wohnungen durch Genossenschaften aufzugeben, ist für die Stadtpolitik keine Option.

Die Zahl von knapp 1000 Wohnungen, die infrage stehen, bezieht sich auf etwa 130 von 500 genossenschaftlichen Wohnungen im ersten Bauabschnitt des neuen Stadtteils Freiham, die übrigen sind schon so weit gediehen, dass sie von den Preissteigerungen nicht mehr tangiert waren. Die Grundstücke für weitere 300 genossenschaftliche Wohnungen im ersten Bauabschnitt von Neu-Freimann sind schon vergeben. Hinzu kommen 490 Wohnungen im zweiten Realisierungsabschnitt für Freiham, die Baufelder dafür will die Stadt demnächst ausschreiben. Es sind zwar nur jeweils 40 Prozent der Wohnungen im KMB-Modell vorgesehen. Da in diesem Bereich aber die Mieten nicht gefördert werden und gedeckelt sind, geht bei steigenden Baukosten die Gesamtrechnung für die Projekte nicht mehr auf.

Ariane Groß aus dem Vorstand der Genossenschaftsvereinigung Gima bezifferte das Problem mit den Baukosten: Sie seien in den vergangenen eineinhalb Jahren von 2800 Euro auf 4000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche gestiegen. "Deshalb freuen wir uns wirklich sehr über die Unterstützung zu diesem Zeitpunkt", sagte Groß. Ihr Vorstandskollege Thomas Schimmel ergänzte, die Genossenschaften sähen sich auch selbst in der Pflicht, an ihren Kalkulationen zu arbeiten, "wir wollen nicht alles auf die Stadt abwälzen".

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