Süddeutsche Zeitung

Wohnungsnot:München beschließt Maßnahmen für bezahlbaren Wohnraum

  • Der Planungsausschuss des Stadtrats will garantieren, dass auch künftig bezahlbarer Wohnraum entstehen kann.
  • Mit einem Pilotprojekt in Freiham will die Stadt ausloten, ob Investoren bereit sind, eine Miete von höchstens acht Euro anzubieten.
  • Zudem sollen Baugemeinschaften und partizipative Wohnformen besser gefördert werden.

Von Anna Hoben

Der Grundstücksmarkt kennt nur eine Richtung, die Preise steigen und steigen. Das führt zu absurden Situationen wie jener im Frühjahr 2018: Die Stadt schrieb Grundstücke im neu entstehenden Stadtteil Freiham aus, explizit für Genossenschaften, die ein wichtiger Bestandteil im Kampf für bezahlbaren Wohnraum sind. Allein, es bewarb sich keine einzige - die Flächen waren schlicht zu teuer. Und das, obwohl zur Berechnung ein Verfahren angewandt wurde, das sich eigentlich preisdämpfend auswirken soll. Die Stadt muss deshalb nachsteuern. Sie muss ihre Modelle prüfen, schärfen und verbessern, um zu garantieren, dass auch künftig bezahlbarer Wohnraum entstehen kann.

Der Planungsausschuss des Stadtrats hat nun ein Paket an Maßnahmen beschlossen, die eben dies bewirken sollen. Mit einem Pilotprojekt in Freiham will die Stadt ausloten, ob Investoren bereit sind, eine Miete von höchstens acht Euro anzubieten. Das könnte zu einem weiteren wichtigen Segment für den angespannten Mietwohnungsmarkt werden - wenn es denn funktioniert und Investoren sich dafür bewerben. Zweitens sollen Baugemeinschaften und partizipative Wohnformen besser gefördert werden. Auch für Baugemeinschaften war es zuletzt schwierig bis unmöglich geworden, in München ein Grundstück zu erwerben und zu bauen.

Um bezahlbare Flächen zur Verfügung zu stellen, soll deshalb künftig im Regelfall die Vergabe an Baugemeinschaften im sogenannten München Modell Eigentum erfolgen, sodass geförderter und nicht wie bisher frei finanzierter Wohnungsbau entsteht. Auf städtischen Flächen werden zehn Prozent des Wohnbaurechts als feste Quote dafür vorgesehen. Über das Eigentumsmodell und seine mögliche Abschaffung war zuletzt gestritten worden. Kann eine Stadt, in der es einen eklatanten Mangel an bezahlbaren Mietwohnungen gibt, es sich wirklich leisten, Eigentumserwerb zu fördern? Braucht es das?

Ja, meint etwa die CSU. Sie hätte gern weitere zehn Prozent der Flächen im München Modell als Eigentum an freie Bauträger vergeben, also den Eigentumserwerb noch stärker gefördert. Jedes Jahr verließen Tausende "mittelständische Familien" München und zögen ins Umland, sagte Johann Sauerer. Das Modell sei ein Schritt, diesen Menschen Eigentum in der Stadt zu ermöglichen. Der Änderungsantrag der CSU fand jedoch keine Mehrheit.

Gefördertes Eigentum komme nur jenen zugute, die das entsprechende Eigenkapital einbringen könnten, über Rücklagen verfügten oder eine Erbschaft gemacht hätten, sagte etwa Heide Rieke (SPD). "Wir tun uns deshalb schwer damit." Ähnlich äußerten sich die Grünen. Zehn Prozent für Baugemeinschaften, das sei "in der Mischung gerade noch gut", sagte Anna Hanusch. Die Verwaltung soll nun zusammen mit den Baugemeinschaften und der Mitbauzentrale, einer Beratungsstelle für partizipative Wohnformen, ein Fördermodell auf der Basis eines Erbbaurechts entwickeln. Und: Künftig sollen sich auch sogenannte Mietshäuser-Syndikate um städtische Flächen bewerben können und den Genossenschaften quasi gleichgestellt sein. Bisher gibt es ein solches Projekt in München.

Womit man wieder bei den Grundstücken wäre und der Frage, wie diese für gemeinschaftliche Wohnformen überhaupt erschwinglich werden können. Deshalb beschloss der Stadtrat als dritten Baustein auch eine Änderung im sogenannten Konzeptionellen Mietwohnungsbau (KMB). Das ist ein Programm mit preisgedämpften, frei finanzierten Mietwohnungen für Haushalte, deren Einkommen oberhalb der Fördergrenzen liegen. Die Mieten bewegen sich bei Erstbezug um die 13,50 Euro pro Quadratmeter. Der KMB war ursprünglich als Maßnahme gegen steigende Grundstückspreise und für stabilere Mieten eingeführt worden. Das Modell hat sich aber in den vergangenen Jahren durch die Marktentwicklung überholt.

Die Stadt tritt dem nun entgegen, indem sie für die Grundstücke einen festen Wertansatz einführt; bisher wurden sie zum jeweils aktuellen Verkehrswert vergeben. Außerdem sollen künftig mindestens 60 Prozent der Wohnungen nach sozialen Kriterien belegt werden. Dem städtischen Haushalt entgingen durch den KMB Hunderte Millionen Euro, rechnete Michael Mattar (FDP) vor. Letztlich sei er "eine andere Art von gefördertem Wohnungsbau", es sei dann nur logisch, die Wohnungen für Berufsgruppen wie Erzieher oder Pfleger zu reservieren. Die Grünen hätten es gern gesehen, wenn neben sozialen auch ökologische Kriterien eine Rolle gespielt hätten. Beide Änderungsanträge fanden allerdings keine Mehrheit.

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SZ vom 27.09.2019/syn
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