Süddeutsche Zeitung

Wohnungsnot in München:25 Quadratmeter für 240 Euro Kaltmiete

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Auf "Dante 1" folgt "Dante 2": Wieder lässt die Stadt über einem Parkplatz Wohnungen entstehen. Das Prinzip ist gut, funktioniert aber nicht überall.

Von Heiner Effern

Ein offener Koch-Wohn-Essraum, vier Schlaf- oder Kinderzimmer, auf den ersten Blick sehr einfach, aber ordentlich ausgestattet, 95 Quadratmeter, und Achtung, hier kommt der Preis: 1045 netto kalt. Oder die Einzimmer-Variante, 25 Quadratmeter: 240 Euro. Beide Wohnungen haben außer der sehr günstigen Miete noch mehr gemeinsam: Sie sind im Januar bezugsfertig, liegen in Fußweite des Dantebads und werden gerade von der städtischen Wohnungsgesellschaft Gewofag auf Stelzen direkt über einem Parkplatz gebaut.

Aufmerksame Beobachter des Münchner Wohnungsmarktes werden sich an ein ähnlich günstiges Angebot erinnern, mit dem die Stadt den Druck auf dem Mietmarkt wenigstens ein bisschen reduzieren wollte. In fast direkter Nachbarschaft errichtete die Gewofag im Rahmen des Programms "Wohnen für alle" bereits einen ersten Wohnblock auf Stelzen. Dem "Dante 1", wie das viel beachtete Pilotprojekt heißt, folgt nun "Dante 2", oder wie es Gewofag-Geschäftsführer Klaus-Michael Dengler lieber nennt: "Dante plus".

Plus deshalb, weil die Gewofag aus der Premiere laut Dengler viel gelernt hat und das Folgeprojekt "einen Tick besser" umsetzen konnte. Und auch einen ordentlichen Tick größer: Über den Stellflächen am Reinmarplatz werden 144 Einheiten entstehen, die Gesamtwohnfläche beträgt etwa 8200 Quadratmeter. Bei Dante 1 betrug diese nur gut ein Drittel davon, dafür war die Zahl der Wohnungen mit 100 relativ hoch. Das zeigt, was die Gewofag noch verändert hat: Im zweiten Stelzenbau am Dantebad gibt es mehr größere Wohnungen, damit auch Familien zum Zug kommen. 88 der 144 Einheiten bieten drei Zimmer oder mehr. Insgesamt kostet der Bau die Gewofag etwa 36 Millionen Euro.

Wenige Monate vor dem Einzug der ersten Mieter besichtigte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) am Freitag die Baustelle. Sie staunte nicht schlecht, dass die fünf Geschosse schon stehen und sogar schon die Rutsche im Spielplatz auf dem Dach installiert ist. Nicht einmal dreizehn Monate sind seit dem Ausheben der Baugrube vergangen. "Vorbildlich", sagte sie. "Wir bräuchten mehr von diesen Projekten." Damit gibt sie nicht nur die Meinung der grün-roten Koalition wieder, sondern einer großen Mehrheit der Stadtpolitik.

145 Stellplätze bleiben erhalten

Doch diese musste feststellen, dass sich die viel versprechende Idee bisher nur in einem so begrenzten Maße umsetzen lässt, dass sie allenfalls ein kleiner Baustein, nicht aber ein wesentlicher Faktor zur Linderung der Wohnungsnot in München sein kann. Die anfängliche Euphorie jedenfalls, dass nun schnell Dutzende Wohnblocks auch über privaten Parkplätzen - etwa von Supermärkten - aus dem Boden sprießen, hat sich jedenfalls gelegt. Der zweite Bau am Dantebad zeige aber, "dass es funktionieren kann", sagte Bürgermeisterin Dietl.

Einige weitere Projekte sind in Planung, allerdings zeigt sich auch hier, dass diese bisher fast nur über Parkplätzen in öffentlicher Hand funktionieren. In der Nähe des Westbads könnte ein Stelzenbau entstehen, auch an der Ecke Fürstenrieder Straße/Stefan-Zweig-Weg gegenüber dem Waldfriedhof sieht die Stadt Potenzial. Wenn einmal der Beschluss gefallen ist, kann es schnell gehen, wie das Dante Plus bewiesen hat. Die Bauweise mit Holzmodulen erlaubt ein zügiges Hochziehen der Wohnungen, was auch bei den von der Baustellen betroffenen Anwohnern "für Akzeptanz sorgt", sagte Gewofag Geschäftsführer Dengler.

Der zweite Bau im Münchner Westen wurde diesmal nicht als Riegel über den Stellflächen errichtet, sondern als ein umlaufendes Karree am äußeren Rand des Parkplatzes. In der Summe bleiben 145 Stellplätze erhalten, von denen mehr als 100 fix für die Besucher des Dantebads reserviert sind. Dazu kommen 315 Parkplätze für Fahrräder. Da unten ausschließlich geparkt wird, entstehen auf dem Dach Aufenthaltsflächen für die Bewohner und eben auch ein Spielplatz, auf dem Kinder von der Rutschenspitze aus einen für Spielplätze außergewöhnlichen Blick haben dürften.

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Quelle:
SZ vom 14.08.2021
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