Süddeutsche Zeitung

Immobilienpreise:Extrem ist in München längst normal

  • In München werden immer weniger Wohnimmobilien zu immer höheren Preisen verkauft. Und die Nachfrage ist unverändert hoch.
  • Die Preise befinden sich zwar weiterhin im Aufwärtstrend, allerdings flacht der etwas ab.
  • Eine neu gebaute Doppelhaushälfte kostete im vergangenen Jahr im Durchschnitt 1,2 Millionen Euro, eine wiederverkaufte 990 000 Euro.

Von Anna Hoben

"Das Beste kommt zum Schluss", kündigt Albert Fittkau an, kurz vor dem Ende der Vorstellung des jüngsten Jahresberichts über den Münchner Immobilienmarkt. Nun, dann soll es hier mal gleich zu Beginn kommen: Da ist zum Beispiel ein Grundstück für ein Einfamilienhaus in Bogenhausen (wohlgemerkt noch ohne Haus darauf), verkauft für sieben Millionen Euro. Ein Einfamilienhaus für zwölf Millionen Euro, eine Doppelhaushälfte für sieben Millionen Euro und ein Reihenhaus für neun Millionen Euro - alle ebenfalls in Bogenhausen. Schließlich noch eine Eigentumswohnung mit 220 Quadratmetern im Lehel, sieben Millionen Euro.

Das sind natürlich Extrembeispiele, es handelt sich um die höchsten Preise, die in der jeweiligen Kategorie im vergangenen Jahr auf dem Münchner Immobilienmarkt bezahlt worden sind. Aber Extreme sagen ja auch etwas aus über das, was mittlerweile als normal gilt. Die Extreme herausgesucht und aufgelistet hat der Gutachterausschuss der Stadt, er wertet regelmäßig sämtliche Kaufverträge aus. Dem Ausschuss gehören neben seinem Vorsitzenden Albert Fittkau etwa 30 Fachleute an, Sachverständige für Immobilienbewertung, Vertreter des Finanzamtes und der Planungsbehörde, Projektentwickler, Bauträger und Makler.

Abgebildet hat der Ausschuss auf dem aktuellen Jahresbericht übrigens keine Immobilie, sondern eine Mobilie, eine bewegliche Sache also: die Alte Utting, jenes Schiff, das ein junger Mann mit Hartnäckigkeit und viel Elan auf eine Eisenbahnbrücke in Sendling hat setzen lassen und das nun "der Grund ist, warum München plötzlich hip und cool ist", wie Kommunalreferentin Kristina Frank bei der Pressekonferenz verkündet.

Die Hauptbotschaften des Berichts: Die Zahl der Transaktionen - Kaufgeschäfte, Versteigerungen und Erbbaurechte - war im Jahr 2018 mit 11 700 leicht rückläufig. Gleichzeitig stieg der Geldumsatz in der Stadt mit dem teuersten Immobilienmarkt der Republik auf eine Gesamtsumme von 12,7 Milliarden Euro - fünf Prozent mehr als im Vorjahr.

Ein Grundstück für Ein- bis Mehrfamilienhäuser kostete rund 1,3 Millionen Euro

Es wird also immer weniger zu immer höheren Preisen verkauft. Und die Nachfrage nach Wohnimmobilien ist unverändert hoch. Allerdings nähmen die Vermarktungszeiten zu, wie Frank erläutert, es werde nicht alles sofort vom Markt weggekauft. Die Preise befänden sich zwar weiterhin im Aufwärtstrend, allerdings flache der etwas ab. Ähnliches war vor Kurzem in einer Analyse des Immobilienverbandes IVD Süd zu lesen.

Die Preise für Wohnbaugrundstücke sind 2018 im Vergleich zum Vorjahr um durchschnittlich elf Prozent gestiegen. Die Steigerungsrate bei Erst- und Wiederverkäufen von Eigentumswohnungen lag in durchschnittlichen und guten Wohnlagen bei acht Prozent. Einfamilienhäuser wurden im Schnitt um bis zu zehn Prozent teurer. Gestiegen sind die Preise auch auf dem Gewerbeimmobilienmarkt, am deutlichsten bei unbebauten Grundstücken für Büros, Hotels und Boardinghäuser.

Ein Grundstück für Ein- bis Mehrfamilienhäuser kostete im Durchschnitt rund 1,3 Millionen Euro, eines für Geschosswohnungsbau rund 8,5 Millionen Euro. In dem Segment wurde im vergangenen Jahr so wenig verkauft wie seit 1995 nicht mehr: insgesamt nur zehn Hektar. Das liege zum einen daran, dass es immer weniger Flächen gebe, erläutert Fittkau, zum anderen daran, dass viele private Eigentümer lieber selber bauten als ihre Grundstücke auf den Markt zu werfen.

Gewerbegrundstücke lagen bei durchschnittlich 30 Millionen Euro, für das teuerste in dieser Kategorie wurden 145 Millionen Euro bezahlt. Wie vor allem die Preise für Wohnbauland in den vergangenen Jahren davongaloppiert sind, zeigt anschaulich eine Grafik mit drei Linien, eine für Baupreise, eine für Verbraucherpreise und eine für Wohnbaulandpreise. Während die ersten beiden nur sanft ansteigen, schnellt Letztere von 2010 an steil nach oben.

Eine neu gebaute Doppelhaushälfte kostete im vergangenen Jahr im Durchschnitt 1,2 Millionen Euro, eine wiederverkaufte 990 000 Euro, "fast schon ein Schnäppchen", so Fittkau. Ein neues Reiheneckhaus war für durchschnittlich eine Million Euro zu haben (bei Wiederverkauf: 900 000 Euro), ein Reihenmittelhaus für 920 000 Euro (bei Wiederverkauf: 795 000 Euro). All das klingt extrem, ist in München aber leider Normalität. Noch ein paar wirkliche Extreme gefällig? Da wäre noch die Wohnanlage, für die 155 Millionen Euro bezahlt wurden. Und, nun ist aber Schluss, ein Bürohauskomplex, der für 385 Millionen Euro verkauft wurde.

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SZ vom 06.06.2019/kaal
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