Süddeutsche Zeitung

Ayinger in der Au:Omas Hausmannskost modern interpretiert

Das Wirtshaus Ayinger in der Au hat nicht nur einen schönen Garten, sondern auch erfreulich gutes Essen. An schönen Tagen muss man nur ein klein wenig Geduld mitbringen.

Von Pep Rooney

Mit dem Biergartenessen ist es ja immer so eine Sache: An den Selbstbedienungstheken bekommt man oft nichts Besseres serviert als Wurstsalat, einen Obazdn oder ein lauwarmes halbes Hendl im Taubenformat. Wer dennoch schön im Freien unter Kastanien sitzen und gut essen will, dem sei geraten, sich stattdessen einen Wirtsgarten mit einer richtigen Speisekarte zu suchen.

Das Wirtshaus Ayinger in der Au am Mariahilfplatz wäre so ein Lokal, das über einen schönen gemütlichen Garten mit etwa 130 Plätzen verfügt und in dem man vorzügliche Traditionskost vorgesetzt bekommt. Dazu gibt es Ayinger Bier - und das ist kein Zufall. Denn das Ende vergangenen Jahres eröffnete Restaurant wird von den Cousins Franz und Peter Inselkammer betrieben. Ersterer ist der Geschäftsführer der Privatbrauerei Aying, Letzterer Wiesnwirt und unter anderem Betreiber des Platzl-Hotels und der Pfistermühle in der Altstadt.

Das Ayinger in der Au gehört zudem zum Hotel "Marias Platzl", das nach der Großmutter der beiden Cousins benannt ist. Von der Einrichtung her soll das Wirtshaus an die Wohnstube der 2001 verstorbenen Oma erinnern, dazu habe das Augsburger Designbüro Dreimeta - das übrigens auch die Pfistermühle gestaltet hat - so manchen Samstag geopfert, "um Flohmärkte nach Ziertellern und anderen Deko-Gegenständen zu durchstöbern", mit dem Ziel, Gemütlichkeit herzustellen, ohne aufgesetzt zu wirken. Soweit die Werbeprosa auf der Homepage des Lokals. Und in der Tat ist das Ergebnis sehr stylish und bis ins Detail verspielt, unter anderem mit in Leder eingefasstem Treppengeländer und einem Tresen aus Kupfer.

Hier lässt es sich aushalten, allerdings ist es im Sommer trotzdem im Wirtsgarten schöner, wenn man an manchen Tagen ein bisschen Geduld mitbringt. Denn an einem Abend war der Garten so voll, dass der zwar überaus freundliche und eifrige Kellner überhaupt nicht mit dem Bedienen hinterherkam. Man sah ihn rödeln und rennen, dennoch dauerte es eine Ewigkeit, bis jeweils die Getränke und das Essen auf dem Tisch standen, eine der Hauptspeisen kam erst, als der Rest der Runde bereits fertig war. Als Begründung hörten wir dann, dass eine Servicekraft nicht zum Dienst erschienen sei. Hmm, solche Wermutstropfen haben in einem Biergarten eigentlich nichts verloren.

Den nächsten Besuch verlegten wir deshalb auf einen weniger besucherstarken Nachmittag - und da klappte es reibungslos mit dem Service. So richtig böse konnte man angesichts des Essens aber auch gar nicht sein. Denn die Qualität entsprach in beinahe allen Punkten dem von den Betreibern selbst formulierten Motto "hohen Anspruch mit bodenständiger Bescheidenheit" zu verbinden. Omas Hausmannskost modern interpretiert, quasi.

Von den Vorspeisen probierten wir das Tatar vom bayerischen Mastochsen (klein: 13,50 Euro, groß: 16,50), das mit Zwiebeln, Kapern, Sardellen und Eigelb sowie geröstetem Bauernbrot serviert wurde, dazu Senf. Angenehm war, dass der Gast sich das Tatar selbst anmachen konnte, also das Mischungsverhältnis der Zutaten selbst bestimmen. Erfrischend und knackig war der bunte Blattsalat mit Radieschen und Champignons (9,80), ob es da drauf wirklich Sprossen gebraucht hätte, ist Geschmackssache. Fein gewürzt war auch die Ochsenbouillon mit Leberknödeln (5,20), die durch knackige Karottenscheiben zusätzliche Frische erhielt.

Welche der Hauptspeisen nun die beste war, ließ sich allerdings nur schwer entscheiden. Der Schweinsbraten - eine üppige Portion mit zweierlei Knödeln und Krautsalat - war überaus saftig. Erfreulich war dabei, dass die Kruste nicht (wie heute oft üblich) extra serviert wurde, sondern noch an den Fleischscheiben dran war, wo sie auch hingehört (13,90). Ebenso nach unserer Einschätzung nahe an der Perfektion waren das Backhendl, das außen knusprig und innen saftig war (18,80) sowie die geschmorten Kalbsbackerl (21,50). Überzeugend waren auch das Saiblingsfilet von der Fischzucht Aumühle (22,50) und die Kalbspflanzerl, die mit Bratensoße und einem hervorragenden Kartoffelsalat serviert wurden (13,50). Nur das Wiener Schnitzel (22,50) war samt den dazu gereichten Bratkartoffeln ein wenig zu trocken. Kein allzu großes Ärgernis, kann mal vorkommen.

Dafür muss man dem Lokal zugute halten, dass es saisonale und regionale Zutaten verwendet und auch bei den vegetarischen Speisen darauf achtet, mal was anderes zu servieren, als immer nur die ewigen Kasspatzen und Schwammerl mit Rahmsoße. So stand auch ein köstliches Emmer-Korn-Risotto (14,50) auf der Karte, die uralte Getreidesorte erlebt offenbar gerade eine Renaissance.

Was die Getränkeauswahl angeht, setzt man im Ayinger natürlich auf Bier (4,10 Euro die Halbe Helles). Ab 17 Uhr gibt es dann für 4,50 Euro Helles aus dem Holzfass, natürlich stehen auch noch andere Sorten der Brauerei auf der Karte. Angenehm: Wer kein Gluten verträgt, kann sich auch ein glutenfreies Neumarkter Lammsbräu (4,80 Euro pro 0,33 Liter) bringen lassen - oder gleich auf Wein setzen. Die Weinkarte ist überschaubar aber mit Verstand ausgesucht. Offene Weine gibt es ab 6,50 Euro für 0,2. Fazit: Ein Besuch am Mariahilfplatz lohnt sich, vorher zu reservieren auch. Und an besonders schönen Biergartentagen schadet es vielleicht auch nicht, mal auf die Gesundheit der Bedienungen anzustoßen.

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Quelle:
SZ vom 25.07.2019/vewo
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