Coronavirus in München:Für manche Hoteliers geht es um die Existenz

Asiatische Touristen mit Mundschutz in München, 2020

Die Zahl der Touristen in München geht zurück, die Hoteliers klagen über Stornierungen.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Beim Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband (BHG) spricht man schon von einer "Katastrophe".
  • Der stellvertretende Kreisvorsitzende Martin Stürzer rechnet für die Nach-Virus-Zeit mit deutlich steigenden Übernachtungspreisen in München, vor allem während der ohnehin schon teuren Wiesnwochen.
  • Die Fraktionen von SPD und CSU im Münchner Stadtrat haben in einem gemeinsamen Antrag Maßnahmen zur Unterstützung von kleinen und mittelständischen Unternehmen gefordert.

Von Christian Rost

Der Tourismus in München kommt zum Erliegen, die Fluggastzahlen sinken, das Messegeschäft bricht ein, und der Einzelhandel wundert sich über das Kaufverhalten der Kunden. Die Angst vor dem Coronavirus wirkt sich in der Wirtschaft immer mehr aus. Die Fraktionen von SPD und CSU im Münchner Stadtrat haben deshalb am Montag in einem gemeinsamen Antrag Maßnahmen zur Unterstützung von kleinen und mittelständischen Unternehmen gefordert. Dazu zählen Stundungen von Steuer- und Pachtzahlungen an die Stadt, zinslose Darlehen oder Ausfallbürgschaften.

Beim Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband (BHG) spricht man schon von einer "Katastrophe". Der stellvertretende Kreisvorsitzende Martin Stürzer prophezeit angesichts ausbleibender Buchungen: "Es wird schwierig werden, das wieder aufzuholen. Für manchen Hotelier, der mit einem Überangebot an Betten knapp kalkuliert, geht es jetzt um die Existenz."

Der März ist in normalen Jahren kein schlechter Monat für Hoteliers in München. Zwar gilt er nicht als Hauptreisezeit, es werden aber die Weichen gestellt fürs übrige Jahr. Die Buchungen für den Juli, August und September müssten reinkommen, stattdessen gebe es derzeit nur Stornierungen, so Stürzer. Zuletzt hagelte es wegen der von März auf Oktober verschobenen Messe Analytica Absagen. Dass selbst für die Wiesn noch niemand buche, sei sehr ungewöhnlich, meint der Hotelier. Einige seiner Kollegen seien so verzweifelt, dass sie ihre Zimmer mittlerweile unter dem Selbstkostenpreis anböten, um überhaupt noch Einnahmen zu erzielen. 50 Euro Nachlass auf den normalen Zimmerpreis gebe es in manchen Betrieben. Weil das Geld am Ende in der Bilanz fehlt, müssen es die Hotels zu einem späteren Zeitpunkt wieder einspielen. Stürzer rechnet deshalb für die Nach-Virus-Zeit mit deutlich steigenden Übernachtungspreisen in München, vor allem während der ohnehin schon teuren Wiesnwochen: "Ein Zimmer, das jetzt für 59 Euro zu haben ist, kostet dann womöglich 359 Euro."

Den Gastronomen geht es nicht viel besser. Touristengruppen bleiben in den Lokalen aus, Geschäftsreisende stornieren ihre Reservierungen. Gerade die Innenstadtwirte verzeichnen Einbußen. Der BHG schätzt den Umsatzrückgang seiner Mitglieder aktuell auf bis zu 30 Prozent. Am Personal sparen können die Wirte wie die Hoteliers in dieser mageren Zeit nicht. Gerade im Gastgewerbe ist es schwierig, gute Mitarbeiter zu finden. Deshalb versuche jeder, seine Leute trotz hoher Fixkosten zu halten, berichtet Stürzer. Eine Durststrecke lasse sich überstehen, wenn man als guter Kaufmann Rücklagen gebildet habe. Wenn die Krise aber ein halbes Jahr oder länger dauere, werde es schwierig.

Düster sind die Aussichten der Messegesellschaft für das laufende Geschäftsjahr. Vier Messen in China, die die Münchner veranstalten, mussten abgesagt oder verschoben werden. Am Heimatstandort in München wurden wegen des Virus bislang neben der Internationalen Handwerksmesse die 50plus-Messe Leif und die Fachmesse für gedruckte Elektronik (Lopec) ersatzlos gestrichen. Die Labormesse Analytica ist in den Herbst verschoben, und wie sich das Ausstellergeschäft in den nächsten Monaten entwickelt, wagt bei der Messe-Gesellschaft niemand zu sagen: "Wir fahren auf Sicht", heißt es da, zur Höhe der Umsatzeinbußen gibt es noch keine Schätzungen. Auch am Flughafen München ist die Geschäftsführung sehr vorsichtig, was die Entwicklung bei Passagierzahlen und Flugbewegungen angeht. Nur so viel steht fest: "Der März wird deutlich schlechter." Man könne auch Kurzarbeit für die Mitarbeiter nicht ausschließen.

Der Münchner Einzelhandel ist bisher nicht von massiven Umsatzeinbußen betroffen, obwohl in diesen Tagen weniger Kunden in den Einkaufsstraßen unterwegs sind. Das könne aber auch am Wetter oder der Konkurrenz durch den Onlinehandel liegen, sagt Bernd Ohlmann vom Handelsverband Bayern. Manche Händler profitierten momentan sogar von der Krise. Fertigsuppen, Konserven, Seife, Desinfektionsmittel und Atemschutzmasken sind gefragt. Ohlmann beobachtet eine gewisse Hysterie bei den Kunden, die sich "im Herdentrieb zu Hamsterkäufen" hinreißen ließen. Deshalb betont er immer wieder: "Die Lager sind gefüllt, es gibt keinen Engpass bei der Versorgung."

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