Kinos in der Krise:James Bond könnte zu spät kommen

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München ist eine Stadt mit viel Kino-Tradition - doch obwohl sie inzwischen wieder dürften, zieht es die Leute gerade nicht vor die Leinwände. Manche Betreiber brauchen dringend staatliche Unterstützung.

Von Thomas Anlauf, München

Drei Menschen sitzen in den roten Sesseln. Es ist ein verregneter Juliabend im Rio-Filmpalast an der Rosenheimer Straße. Eigentlich hätten dort 357 Zuschauer Platz, um sich die schräge und als Verkaufsschlager angekündigte Komödie "Känguru Chroniken" anzusehen. Doch die Sessel bleiben leer. "Schon krass", sagt Kinoleiterin Kerstin Schmidt. Auch einen Monat nach Wiedereröffnung der Kinos in der Corona-Pandemie leiden die Betreiber nicht nur unter den Einschränkungen und der Furcht der Menschen vor einer Ansteckung. Dazu kommt nun neben der Sommerflaute noch, dass es kaum neue Filme auf dem Markt gibt. Ohne massive staatliche Unterstützung würden in der Kino- und Filmstadt München vielerorts wohl bald die Leinwände dunkel bleiben.

"Eine schwierige Zeit für die Kinos" sei es in den vergangenen Monaten gewesen, bis heute, sagt Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach, die am Mittwoch im Kino am Sendlinger Tor 83 bayerische Kinos mit den jährlichen Programmprämien des Filmfernsehfonds FFF auszeichnet. Die Fördersumme wurde wegen der Corona-Krise in diesem Jahr auf insgesamt 860 000 Euro mehr als verdoppelt. Die CSU-Politikerin Gerlach befürchtet, dass es nun auch nach den harten Ausgangsbeschränkungen wohl kaum einen großen Besucheransturm auf die Kinos geben werde in den kommenden Monaten. Deshalb sei die Programmprämie "eine wichtige Hilfe, um aus der Krise herauszukommen", sagt Gerlach.

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Kinoleiterin Schmidt vom Rio in Haidhausen ist auf die staatliche Hilfe derzeit durchaus angewiesen, denn zahlendes Publikum ist wegen der Angst vor einer Ansteckung immer noch rar. Das Kino habe sehr schnell 10 000 Euro Soforthilfe bekommen, "somit leben wir noch", sagt die Kinochefin. Die Hauptpreise gingen zwar nicht an Münchner Lichtspielhäuser, sondern an das Stadtkino Trostberg (15 000 Euro), das Casino Aschaffenburg (20 000 Euro) und das Lichtspiel-Kino & Café Bamberg (25 000 Euro). Dennoch haben in diesem Jahr viele Kinos aus München und der Region von der Ausschüttung profitiert, darunter auch das Rio mit 10 000 Euro, wie Kerstin Schmidt sagt. Sie und ihr kleines Team von vier festangestellten Mitarbeitern haben trotz der monatelangen Zwangsschließung noch relativ Glück gehabt. Einerseits habe man im vergangenen Jahr durch gutes Wirtschaften Geld sparen können und außerdem "haben wir ein unsagbar treues Publikum". Schmidt ist deshalb davon überzeugt, dass das Traditionskino die Corona-Krise schon irgendwie meistern kann: "Wir überstehen das", sagt die Kinochefin.

Christoph Preßmar vom Filmtheater Sendlinger Tor sagt hingegen: "Corona war schon schlimm. Aber jetzt habe ich die vollen Kosten." Die staatlichen Hilfen seien sehr wichtig gewesen, doch jetzt steht er hinter dem Tresen des ältesten Münchner Kinos und hat kaum Gäste. "Wir reden hier von einstelligen Besucherzahlen", sagt Preßmar. Wenn man die Situation "kühl kalkulieren will", dann müsste er eigentlich viele Filme ausfallen lassen. In den vergangenen Wochen hatte er lediglich zwei Vorstellungen mit insgesamt 100 Zuschauern. So sieht die Situation auch in anderen Kinos in München aus. Im Theatiner Filmtheater sahen beispielsweise am 13. Juli lediglich 16 Menschen die Abendvorstellung des Films "Eine größere Welt".

Für Preßmar liegt ein Problem aber auch darin, dass sich die internationale Filmindustrie wegen der Corona-Krise mit Neuerscheinungen zurückhält. Filmstarts wurden bereits mehrfach verschoben, in seinem Kino hängt ein Plakat des neuen James-Bond-Films mit dem vermeintlichen Kinostart im April 2020, jetzt soll er im November laufen. Der Titel: "Keine Zeit zu sterben."

Preßmar befürchtet, dass in München einige Kinos bis zum Start des 25. James Bond finanziell nicht durchhalten könnten. "Leider wird es wohl schon einige erwischen." Möglicherweise könnten nach Ansicht von mehreren Kinobetreibern gerade Multiplex-Filmtheater wegen des hohen Personalbedarfs Probleme bekommen. Er selbst ist übrigens gerade wieder vorsichtig optimistisch. Vor zwei Wochen hätte er eigentlich zusperren müssen, weil der Vertrag in den historischen Räumen ausgelaufen ist. Doch laut Preßmar haben nicht alle Hauseigentümer der Erbengemeinschaft den Beschluss unterzeichnet. "Es ist ein Damoklesschwert", das über dem Haus schwebe, und das schon seit vielen Jahren. Bislang hat die Familie Preßmar dennoch immer wieder Vertragsverlängerungen erhalten. Jetzt hofft er darauf, dass es trotz Corona und der ausbleibenden Besucher letztlich ein Happy-End gibt.

© SZ vom 16.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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