Winterschlussverkauf:Heute gespart, morgen entpaart

Winterschlussverkauf: Alles muss raus, mitunter auch ein Bett für schlappe 45 000 Euro.

Alles muss raus, mitunter auch ein Bett für schlappe 45 000 Euro.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Selbst bei abgeklärten Münchnerinnen und Münchnern löst ein luxuriöses Lockangebot den Kaufreflex aus. Doch Vorsicht: Das Schnäppchen für 45 000 Euro könnte die Ehe kosten.

Glosse von Katja Schnitzler

Es ist diese Zeit im Jahr, da fällt der ein oder andere Sonnenstrahl auf die ersten Schneeglöckchen und durch die Schaufenster auf Winterware, die keiner mehr will, jedenfalls nicht zu diesen Preisen. Vor knapp 20 Jahren durfte nach gesetzlich verordneter Tradition zwölf Tage lang reduziert werden, was raus musste. Manche nannten es Winterschlussverkauf, andere Preisschlacht - etwa die abenteuerlustigen Mitarbeiter, die am Montagmorgen die Türen öffneten, gegen die sich seit Stunden eine Horde Sparwütiger presste.

Heutzutage ist das strenge Preisregiment gelockert, stattdessen: ein Laissez-faire des gemütlichen Unterbietens. Auch die Kundschaft ist abgeklärter. So wird in sozialen Medien aufgeklärt, dass sich unter dem Preisschild mit knallroten "minus 10 Prozent" auch ein günstigerer Erstpreis verstecken kann. Nein, so leicht sind wir nicht mehr zu ködern.

Doch neulich, mitten in München, ließ ein - ja, man kann es nicht anders nennen - Preiskracher die Passanten erstarren: ein Schnäppchen der Luxusklasse, nur 45 500 Euro statt knapp 60 000! Ein Viertel weniger für zugleich Stabilität und Komfort, für ideal angepasste Kurvenlage und bequemes Ein- und Aussteigen. Was will man mehr von einem Bett?

Der Atem bleibt kurz weg, der Kaufreflex setzt ein, das Gönn-dir-was-Teufelchen auf der linken Schulter jubiliert, voreilig. Denn der Hallo-geht's-noch-Engel auf der anderen Seite flüstert: Ob einem klar sei, was dieser Kauf für Folgen habe?

Ob man sich an den Design-Couchtisch erinnere? Da passte erst die Couch nicht mehr zum Tisch, dann nicht mehr zu den Bildern, zu den Stühlen, der Magazinauswahl. Beinahe hätte auch der Partner des Herzens ersetzt werden müssen, weil er nicht mit dem radikalen Design des Beistelltischs harmonierte.

Ehevertrag gegen Kaufvertrag tauschen?

Nun also ein Bett, halb so hoch wie breit und dreifach luxuriös. Um dem gerecht zu werden, bräuchte es: Satin-Bettlaken (ab 235 Euro), Daunendeckenbezug (ab 470 Euro) für die Daunendecke (ab 2595 Euro), Kissenbezug (ab 80 Euro), das passende Kissen (385 Euro) und damit man die Matratze nicht mit seinem Schweiße besudelt, auch einen Matratzenschutzbezug (ab 145 Euro). Wem jetzt noch nicht heiß ist, der gönnt sich Daunenstiefel für Traumreisen (175 Euro, nicht außerhalb des Bettes zu tragen). Nachts wird im Partnerlook in dem Bett geruht (Pyjama, 280 Euro).

Apropos Partner - auch hier stellt sich wieder die Frage, ob der dann noch ins Designkonzept passt, er neigt zu unordentlichem Herumwälzen. Immerhin: Bei der Scheidung würde die noble Schlafstatt wohl beim Käufer bleiben. Also Ehevertrag gegen Kaufvertrag tauschen?

So leicht sind wir doch nicht zu ködern, schließlich kennen wir den Spartipp Nummer eins: nochmal eine Nacht drüber schlafen.

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