Früheres Vier-Sterne-Hotel am Heimeranplatz„Echtbetrieb“ im neuen Ankerzentrum

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Das frühere Vier-Sterne-Hotel am Heimeranplatz wurde schon länger als Flüchtlingsunterkunft genutzt und nun zu einem Ankerzentrum mit maximal 900 Betten ausgebaut.
Das frühere Vier-Sterne-Hotel am Heimeranplatz wurde schon länger als Flüchtlingsunterkunft genutzt und nun zu einem Ankerzentrum mit maximal 900 Betten ausgebaut. (Foto: Robert Haas)

450 Menschen leben derzeit im neu eröffneten Ankerzentrum am Heimeranplatz, bis zu 900 könnten es werden. Hier sollen Geflüchtete von der Registrierung bis zum Asylbescheid wohnen.

Von Ekaterina Kel

Staatsminister Joachim Herrmann (CSU) ist sichtbar guter Laune, er darf heute das neu eröffnete Ankerzentrum am Heimeranplatz präsentieren. Er lächelt den laufenden Kameras der Pressevertreter zu, legt selbstverständlich gern seinen Finger auf den Fingerabdruckscanner im Registrierungsbüro, schnappt sich den Teddybären im Spielzimmer – selbst der Aufforderung der Fotografen, sich auf eins der leeren Betten für die Flüchtlinge zu setzen, kommt er gern nach, wenn auch mit einem Seufzer.

Eine dünne Schaummatratze auf einem Metallgestell, daneben ein grauer Spind mit einem Schloss, das ganze fünfmal nebeneinander in einem Zimmer. Das hier ist sicher nicht für den Innen- und Integrationsminister Bayerns vorgesehen. Sondern für die Schutzsuchenden, die täglich nach Bayern kommen aus anderen Ländern, um hier Asyl zu beantragen.

Im Ankerzentrum gibt es nur wenige Einzelzimmer, in manchen Räumen werden sogar bis zu sechs Menschen untergebracht. Dabei soll es sich aber vor allem um Familien handeln.
Im Ankerzentrum gibt es nur wenige Einzelzimmer, in manchen Räumen werden sogar bis zu sechs Menschen untergebracht. Dabei soll es sich aber vor allem um Familien handeln. (Foto: Robert Haas)

Aus der Statistik seines Ministeriums trägt Herrmann selbst vor: Die häufigsten Herkunftsländer zurzeit seien Afghanistan, Syrien, Türkei, Somalia und Irak. In den vergangenen acht Monaten dieses Jahres sind ihm zufolge 8900 neue Asylsuchende in Bayern angekommen. Und er unterstreicht seine Freude darüber, dass diese Zahl deutlich geringer ausfällt als im gleichen Zeitraum im vergangenen Jahr. Da seien es rund 23 000 Menschen gewesen, ein Rückgang von mehr als 60 Prozent. Diese „Migrationswende“ sei der neuen Bundesregierung zu verdanken, allem voran den verstärkten Grenzkontrollen, so Herrmann. „Zentral ist, dass wir den Kurs fortsetzen“, findet er. Der entlaste die Kommunen und den Staatshaushalt.

Das ehemalige Vier-Sterne-Hotel im Westend, am Heimeranplatz, Garmischer Straße 2-12, wurde schon länger als Flüchtlingsunterkunft von der Regierung von Oberbayern genutzt. Nun hat sie es zu einem großen sogenannten Ankerzentrum umbauen lassen, für maximal 900 Betten. Es ersetzt die Erstaufnahmeeinrichtungen im Euroindustriepark in Freimann an der Maria-Probst-Straße und an der Lotte-Branz-Straße, die beide in die Jahre gekommen sind und entweder ganz zurückgebaut werden, wie im Fall der Leichtbauhallen an der Maria-Probst-Straße, oder renoviert.

„Anker“ steht für Ankunft, kommunale Verteilung, Entscheidung und Rückführung. Das meint einen zentralen ersten Anlaufort, wo alles unter einem Dach passiert: die erste Registrierung, die Gesundheitsuntersuchung, die Verteilung auf die Kommunen, der Asylantrag – und auch das Warten auf den Bescheid. Das Konzept habe sich bewährt, sagt Herrmann. Und obwohl die Zahlen der Ankommenden gerade stark sinken, hält er es für den richtigen Schritt, hier im Münchner Westend so eine große Unterkunft neu aufzuziehen.

Das neue ausgebaute Haus dient als erste Anlaufstelle für Asylsuchende.
Das neue ausgebaute Haus dient als erste Anlaufstelle für Asylsuchende. (Foto: Robert Haas)
Bei der Registrierung müssen Asylsuchende auch ihren Fingerabdruck scannen lassen.
Bei der Registrierung müssen Asylsuchende auch ihren Fingerabdruck scannen lassen. (Foto: Robert Haas)

Denn die Stadt München kommt seiner Ansicht nach der Verpflichtung nicht genügend nach, Asylsuchende aufzunehmen. Derzeit erfülle München die Quote bloß zu 76,3 Prozent, sagt der bayerische Innenminister. Er wisse, dass es in der Stadt schwierig sei, Standorte zu finden. Aber es sei nun einmal wichtig, einige bayerische Landkreise zu entlasten, die die Quote derzeit sogar übererfüllten.

Seit drei Wochen herrsche „Echtbetrieb“ am Heimeranplatz, sagt Konrad Schober, Präsident der Regierung von Oberbayern. Und man habe auch vor, die volle Kapazität nach Möglichkeiten zu nutzen. Aktuell leben ihm zufolge hier etwa 450 Menschen, es werden also noch viele weitere kommen. Vor dem Eingang tummeln sich Frauen und Kinder, man sieht Kinderwägen und Jugendliche, einzelne Männer, die sich unterhalten oder ins Handy schauen, jemand im Rollstuhl. Gerade gab es in der Kantine Mittagessen – Nudeln mit Tomatensoße. Auf dem Boden liegen noch ein paar Reste, das Putzteam war noch nicht da. Gegessen wird auf einfachen Tischen und Bänken aus Holz.

Das graue Betongebäude ist groß, es gibt insgesamt elf Stockwerke, allein drei davon für die Verwaltung. Es gibt bloß zehn Einzelzimmer, für die vulnerablen Fälle, wie Schober sagt. Ansonsten 201 Zweibettzimmer, aber auch Drei-, Vier-, Fünf-, und sogar Sechsbettzimmer. Da hier auch viele Familien untergebracht werden, werde man natürlich schauen, dass die Zimmer dementsprechend sinnvoll verteilt werden. „Es wird kein Wildfremder dazugelegt.“ Zusätzlich gibt es das bereits erwähnte Spielzimmer für Kinder, einen Aufenthaltsraum mit Sofas und Tischtennisplatte, einen Raum für Deutschkurse. Wie lang die Menschen hier bleiben, hänge von der Bearbeitung ihrer Asylanträge ab, sagt Schober, und sei sehr individuell.

Im Erdgeschoss gibt es eine Kleiderkammer, eine Art interner Laden für das Nötigste. Verschiedene Turnschuhe, 20 Euro das Paar, für Herren und Damen, Kleidung, auch für Kinder. Jeder Bewohner hat Anspruch auf eine Ausstattung mit sogenannten Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, darunter auch Kleidung, so Schober. Insgesamt urteilt er: „Wir haben hier keineswegs eine komfortable, aber immerhin eine ordentliche Unterbringung.“ Man wolle hier bloß den Grundbedarf decken, „aber eben nicht mehr“.

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