Süddeutsche Zeitung

Weltmädchentag:"Mädchen werden oft dazu erzogen, sich klein zu machen"

Mit dem Aktionstag wird weltweit auf die Benachteiligung gegenüber Jungen aufmerksam gemacht. Lisa Hyna von Plan International erklärt, warum das auch in München wichtig ist.

Interview von Dilara Rix

Vor genau zehn Jahren haben die Vereinten Nationen erstmals den Weltmädchentag ausgerufen. Immer am 11. Oktober wird mit fantasievollen Aktionen auf die Diskriminierung und die Rechte von Mädchen aufmerksam gemacht - damit sie die gleichen Chancen bekommen wie Jungen. Auch in München wird gefeiert, mit einem Fest auf dem Marienplatz. Ein Gespräch mit der Lisa Hyna, 32, die für die Kinderrechtsorganisation Plan International Deutschland mit von der Partie ist.

SZ: Warum brauchen wir einen Weltmädchentag?

Lisa Hyna: Wir wollen aufmerksam machen auf die Rechte von Mädchen, auf die Situation von Mädchen. Sie müssen darin bestärkt werden, ihr Ding zu machen. Ihnen soll bewusst werden, dass sie wichtig sind, dass sie eine Rolle spielen und dass sie Aufmerksamkeit bekommen müssen.

Aber es gibt schon einen Weltfrauentag und einen Weltkindertag, wozu braucht es dann auch noch einen Weltmädchentag?

Weil die Bedürfnisse dann doch unterschiedlich sind. Frauen sind in anderen Lebenssituationen als Kinder. Es ist wichtig, auf Mädchen speziell einzugehen, weil es da doch leider noch Unterschiede gibt, welche Chancen Mädchen und Jungen haben. Mädchen werden oft dazu erzogen, sich klein zu machen, leiser zu sein. Und ihre eigenen Bedürfnisse hintenan zu stellen. Wir wollen sie darin bestärken, sich nicht in ihrem Weg beirren zu lassen, nur weil andere etwas anderes von ihnen erwarten.

Wieso ist es so wichtig, dass man den Weltmädchentag auch in München feiert - und nicht nur in Ländern, in denen Frauen weniger Bildungschancen haben?

Natürlich sind die Kinder in München privilegierter als in vielen anderen Teilen der Welt, das muss man schon so sagen. Nichtsdestotrotz ist es aber auch hier immer noch so, dass Mädchen oder junge Frauen sich gegen Berufe entscheiden, weil diese männlich dominiert sind. Dabei sollten sie erst recht darauf beharren, dass auch diese Branchen davon profitieren, wenn weibliche Werte eingebracht werden. Es geht einfach darum, eine Augenhöhe zu schaffen. Die ist auch in Deutschland noch nicht da. Dazu gehört einerseits, dass die Männer die Bühne freigeben, aber andererseits auch, dass die Frauen dann nachrücken. So ein Tag hilft, die Mädchen hier mit Selbstbewusstsein aufzuladen.

Was könnte gerade in München noch besser laufen?

Es muss sensibler auf Diskriminierungen geachtet werden. Wenn wir zum Beispiel Schuldirektoren und Politiker auf dieses Thema ansprechen, heißt es immer: "Natürlich. Wir haben das im Blick." Aber die Frage ist doch, was wirklich gemacht wird. Achte ich im Unterricht darauf, dass ich wirklich nicht mit Klischees arbeite? Ich glaube, da sind mehr Schulungen nötig.

Was wünschen Sie sich für die Mädchen, für die Zukunft?

Dass Mädchen, wenn sie in Situationen landen, in denen sie merken, dass sie benachteiligt werden, dies ansprechen. Dass sie offen und mutig sagen: "Ich merke gerade, dass ich nicht gleichwertig behandelt werde. Ich weiß, dass das wahrscheinlich nicht böse gemeint ist. Aber das verstößt gegen meine Rechte." Und dann sollte der Appell kommen, dass man bitte einmal gemeinsam schaut, wie man das besser hinkriegen könnte.

Der Weltmädchentag wird am Dienstag, 11. Oktober, auf dem Marienplatz von 15 bis 18 Uhr gefeiert. Es sprechen Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne), die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, Nicole Lassal, sowie mehrere Stadträtinnen. Am Abend findet um 19 Uhr im Hoftheater im Stemmerhof eine Podiumsdiskussion statt. Auf die pinkfarbene Beleuchtung von städtischen Gebäuden wie an vergangenen Weltmädchentagen wird wegen der Energiekrise verzichtet.

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