Seine Hände sind groß, sie wirken grob, und man sieht ihnen das Alter an. 92 Jahre hat Josef Steidle auf dem Buckel, er ist Jahrgang 1927. Doch auf den kleinen Knöpfen der diatonischen Harmonika fliegen seine Finger flink umher, sind treffsicher wie eh und je. Steidle runzelt die Stirn, kneift die Augen zusammen. An seiner Esszimmerwand hängt eine Figur des heiligen Martin, in der Zimmerecke eine Madonna. Ein Gemälde zeigt einen schneebedeckten Gebirgszug, am Esstisch steht ein Strauß roter Rosen. Was fehlt, ist ein Notenblatt. Peps Steidle, so nennen ihn seine Freunde, kann nicht alle Lieder auswendig, aber viele. Jetzt spielt er "Lili Marleen" - ein Lied, mit dem er sein Publikum immer begeistern konnte, waren es amerikanische Besatzungstruppen oder deutsche Soldaten.
Weltkriegsende in München:Musik für Schokolade
Josef Steidle war 17 Jahre alt, als der Krieg ein Ende nahm - und die Amerikaner erkannten rasch, dass er ein Meister auf der Harmonika war.
(Foto: Robert Haas)Im Mai 1945 sind Brot, Mehl und Fleisch knapp, die Münchner hamstern, der Schwarzmarkt blüht. Und Josef Steidle, erst 17 und schon Kriegsveteran, schlägt sich mit seiner Harmonika durch.
Von Miriam Steiner
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