Süddeutsche Zeitung

Schwerpunkt Osteuropa:Welt-Aids-Konferenz findet erstmals in München statt

Auf dem international bedeutendsten Treffen von Fachwelt und Community soll es um HIV-Infektionen vor allem in Russland, Polen und der Ukraine gehen. Für den Tagungsort München waren mehrere Gründe entscheidend.

Von Nicole Graner

Fachwelt und Community, also Ärzte, Forscher, Aktivisten und Politiker, treffen sich alle zwei Jahre zur Internationalen Welt-Aids-Konferenz. 2022 war sie in Montreal. Nun findet sie vom 22. bis zum 26. Juli 2024 für fünf Tage zum ersten Mal in München statt. Der thematische Fokus bei der 26. Konferenz auf dem Gelände der Messe München liegt auf Osteuropa.

"Denn hier", sagt Bijan Farnoudi, Kommunikationschef der International Aids Society (IAS), die die Konferenzen organisiert, "nehmen die Infektionszahlen derzeit stark zu". Das gilt auch für Teile von Asien, Lateinamerika, im Nahen Osten und Afrika.

Weltweit leben laut Unaids, dem gemeinsamen Programm der Vereinten Nationen für HIV/Aids, 38 Millionen Menschen mit HIV. In Deutschland sind es laut Robert-Koch-Institut 90 800. Allein im Jahr 2021 haben sich 1800 Menschen neu mit dem HI-Virus infiziert. Corona, der Ukraine-Krieg und auch die Medikamentenknappheit haben den Kampf gegen Aids "erschwert", erläutert Farnoudi. Aids sei in diesen Corona-Jahren in den Hintergrund getreten. Aber es sei noch lange nicht vorbei.

Betroffen seien in Osteuropa unter anderem Länder wie Russland, Polen und die Ukraine. Das hat laut Farnoudi viele Gründe. Dort gebe es viele sexuelle Dienstleistungen (Sex-Worker), eine große Drogenszene, viele Migranten. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) können Migrantinnen und Migranten ein erhöhtes HIV-Risiko haben, bedingt durch den Migrationsprozess an sich und laut RKI einen eingeschränkten Zugang zu Prävention und Beratung. Ein weiterer Grund sei, so Farnoudi, die Verfolgung und zunehmende Stigmatisierung der an Aids erkrankten Menschen sowie eine fehlende medizinische Versorgung. "In Russland", sagt Bijan Farnoudi, "gibt es keine schwulen Männer. Ihre Existenz wird geleugnet. Also gibt es auch keine Programme, die den Menschen helfen."

München bietet allen Konferenz-Teilnehmern Sicherheit

Warum kommt die Welt-Aids-Konferenz aber nach München? Die Entscheidung sei bei der IAS "ganz bewusst gefallen", so Farnoudi. Zum einen sei da die geografische Nähe zum Beispiel nach Polen, nach Ungarn. Zum anderen sei München eine Stadt, die Sicherheit biete. Hier würden die Aids- und diverse Szenen akzeptiert. Man lebe gut mit der LGBTQ-Community.

Sicherheit - in den Augen des Pressechefs ein wichtiger Aspekt für die Planung der Konferenz. Denn es reisten viele Menschen aus allen möglichen Ländern an. In München könnten sie sich treffen , "ohne Angst vor Diskriminierung haben zu müssen". Der IAS-Kommunikationschef lobt außerdem die Stadt und vor allem die Münchner Aids-Hilfe, die "erfolgreich" eine Antwort auf die Aids-Problematik gefunden habe. Hier werde weit mehr geleistet als nur ein medizinischer Beitrag. "Kaum in einer anderen Stadt werden Menschen mit HIV und Aids so gut versorgt wie in München", sagt Farnoudi.

"Münchens Antwort auf HIV hat exzellente Ergebnisse erbracht", sagt Christoph Spinner, Leiter des Interdiziplinären HIV-Zentrums (IZAR) am Klinikum Rechts der Isar und lokaler Co-Vorsitzender der Konferenz. Und man freue sich, so Spinner, diese Ergebnisse mit dem "Rest der Welt" zu teilen.

Laut Farnoudi wird es ein "großes Programm" geben. Wie auch ein Global Village, das für alle frei zugänglich ist und vor allem auch ein Treffpunkt für die große Aids-Aktivisten-Szene sein wird.

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