Gastronomie:Reservat für Paradiesvögel

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"Wir wollen künftig öfter mit der großen Flasche durch die Bar ziehen", verspricht Justin Leone. "Da kommt man schnell ins Gespräch!" (Foto: Stephan Rumpf)

Die Weinbar Grapes erfindet sich neu - mit Starsommelier Justin Leone und einem hervorragenden jungen Küchenteam.

Von Franz Kotteder

"Eine Weinbar war immer schon ein Herzenswunsch von mir", sagt Rudi Kull, "ein Ort, an dem junge Menschen Weinkultur erleben können und in dem junge Winzer eine Plattform bekommen." Der Münchner Gastro-Unternehmer steht in seiner Weinbar Grapes in der Lederstraße und stellt an diesem Mittwochabend das neue Team vor, das sich künftig bei weitem nicht nur um junge Genießer, sondern auch um alte Stammgäste kümmern soll. Denn die beiden Restaurantchefs Stefan Grabler und Markus Hirschler haben die Bar nach sechs Jahren verlassen, sie wollen jetzt selbst etwas auf die Beine stellen. Die Neuen, das wird schnell klar, haben sich einiges vorgenommen. Schließlich kommen sie fast alle aus der Spitzengastronomie.

Das Gastro-Reich von Rudi Kull und Albert Weinzierl war immer schon so eine Art Paradiesvogel in der Münchner Szene, mit dem großen Restaurant Brenner in der Maximilianstraße, dem Boutique-Hotel Cortiina und der Bar Centrale an der Ledererstraße unweit des Hofbräuhauses oder dem Riva im Tal. Dieser Paradiesvogel hat allerdings in der Pandemie einige Federn lassen müssen. Kull und Weinzierl mussten das Hotel Louis am Viktualienmarkt verkaufen, mit ihm den Louis Grillroom, und auch das Riva Schwabing ist inzwischen geschlossen. Rudi Kull, im Unternehmen für die gastronomische Seite zuständig, ist aber keiner, der deshalb nachlässt in seinen Bemühungen. Stattdessen stellt er lieber einen Paradiesvogel ein, wenn ein Personalwechsel ansteht.

Womit wir schon bei Justin Leone sind, der sich das Etikett "Paradiesvogel" auf vielerlei Weise redlich verdient hat. Der ehemalige Sommelier des Tantris fiel schon durch seine häufig knallbunten, aber topmodischen Anzüge auf, aber auch durch seine unkonventionelle Art, vom Wein zu erzählen. Der in Toronto geborene und in Chicago aufgewachsene Kanadier hatte zeitweise in einer Rockband namens Three Minute Mile den Bass bedient und war mit ihr durch die ganzen USA getourt. Als zweites Standbein, sozusagen, machte er eine Ausbildung zum Sommelier, und dass es in schließlich nach Europa verschlug, hat damit zu tun.

Jetzt steht er mit einer Magnumflasche Brut Classic von Deutz da und sagt: "Wir wollen künftig öfter mit der großen Flasche durch die Bar ziehen. Da kommt man schnell ins Gespräch!" Und weil er selbst "nicht gerade der Größte" ist, überlässt er diese Aufgabe auch mal dem wirklich großgewachsenen Moritz Löw, der zusammen mit Leone und Bernd Großschädl das Restaurant leitet. "Eine Weinbar muss lebendig sein", so Leone, "was mir in Bars oft fehlt, sind die Neugier, der Spaß, der Dialog."

Dem kann man abhelfen, zum Beispiel mit einem Roten aus dem australischen Barossa Valley oder einem spanischen Monastrell Dulce. Man sieht schon: Bei den Weinregionen Deutschland und Österreich, bisher ein Schwerpunkt im Grapes, wird es nicht bleiben. Die Küche hat ebenfalls sehr zugelegt. Lisa Schröder und Ferdinand Kretz führen sie gemeinsam. Das Paar ist noch recht jung, hat aber schon Stationen im Sylter A-Rosa (ein Michelin-Stern) und im Waldhotel Sonnora des Drei-Sterne-Kochs Clemens Rambichler vorzuweisen. Zum Auftakt gibt es beispielsweise eine hervorragende Bachforelle von der Fischzucht Birnbaum im Apfel-Gurken-Dill-Sud mit Meerretticheis und Zweierlei vom Poltinger Reh - beides Produzenten, die schon lange die Münchner Sterneköche beliefern. Was Schröder und Kretz draus machen, ist hohe Qualität. Konkurrenz für Leone also: In diese Weinbar werden manche auch nur wegen des Essens gehen.

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