Wer auf Google Maps das gelbe Street-View-Manschgerl genau an der Ecke Landschaftsstraße/Weinstraße platziert, bekommt eine Szene zu sehen, die einen sentimental machen kann. Die vier Jahre alte Aufnahme zeigt Weihnachtsbuden wie den "Stollen-Franze", eine stimmungsvoll illuminierte Fußgängerzone und jede Menge Menschen. Doch derlei Adventsstimmung gibt es heuer nur im Internet. Es gilt: keine Christkindlmärkte in München, kein Alpenwahn, kein Kripperlmarkt, kein Tollwood, kein Kopfweh nach übermäßigem Punschkonsum.
Doch was für die Standbetreiber dieses Jahr eine Katastrophe ist, wird so manchen Advents-Miesepeter und manche Miesepetra vielleicht gar nicht mal so stören. Schließlich können sie heuer in gewohnter Weise durch die Fußgängerzone hetzen, ohne dass jemand im Weg steht und ihnen vom Mandel- und Würstldunst respektive vom Weihnachtsliedgedudel am Marienplatz schlecht wird. Während die Amerikaner ihren Grinch als Gegenspieler des Weihnachtsfests haben, ist es in München der Grantler, der den Glitzer- und Glühweinrausch ja schon immer blöd findet - wie selbstverständlich auch das Oktoberfest, Floßfahrten auf der Isar und alles andere, was eventuell auch Touristen gefallen könnte.
Doch gerade weil dieses Jahr der Adventsrummel ausfällt, wird dieser Dezember auch den Grantlern aufs Gemüt schlagen. Da auch die Christkindltram heuer nicht fährt, können sie nicht auf Twitter und Facebook darüber herziehen, dass diese nichts zur Verkehrswende beiträgt, sie können nicht über ausufernden Konsumwahn, pappige Feuerzangenbowle und Senfflecken auf dem Mantel nölen. Corona nimmt dem Grantler quasi den Stoff, aus dem das Mosern ist.
Aber ganz ausgegrantelt hat es sich natürlich nicht. Immerhin kann man ja Merkel und Söder dafür verantwortlich machen, dass sie den einen die Adventsgaudi und den anderen das Grundrecht darüber zu lästern gestohlen haben - geht immer. Entsprechende Demonstrationen sind dem Vernehmen nach bereits in Vorbereitung.