Es soll also eine große Bühne sein, dem Anlass angemessen. Im Englischen Garten wollen Münchens Katholiken und Protestanten am 24. Dezember einen Gottesdienst feiern. Oder wie es der evangelische Bischof Heinrich Bedford-Strohm formuliert: "Die wunderbare Weihnachtsbotschaft" soll mehr Menschen erreichen, "als die Corona-Schutzmaßnahmen in einer Kirche erlauben würden". Nachvollziehbar ist der Plan aus seiner Sicht - an keinem anderen Tag im Jahr ist das Interesse der Gläubigen größer. Vernünftig ist die Sache aber nicht.
Ja, die Veranstaltung fände im Freien statt, sicher auch mit einem ausgetüftelten Hygienekonzept - trotzdem wäre das Ziel, viele Menschen an einem Ort zu versammeln. Sie kämen mit Bussen und U-Bahnen, womöglich dicht gedrängt, sie stünden nach dem Gottesdienst zusammen, unterhielten sich. Wie Menschen eben sind. Normalerweise gehört das zur Heimeligkeit des Festes, in diesem Jahr wäre es vor allem ein Risiko.
Trotz des Teil-Lockdowns sind die Infektionszahlen noch viel zu hoch. Jeder Einzelne muss sein Leben massiv einschränken. Die Kirchen durften geöffnet bleiben - es wirkt nicht so, als wüssten sie dieses Privileg zu schätzen, wenn sie jetzt die große Sause planen. Denn München ist kein Einzelfall: In Hannover soll es eine Messe im Fußballstadion geben, vor 2000 Menschen, in Nürnberg und Köln gibt es ähnliche Ideen, in Bamberg soll das Christkind im Freibad vorbeischauen. Eine befremdliche Vorstellung.
Weihnachten und das gemeinsame Feiern spielen für viele Menschen eine wichtige Rolle (für viele andere übrigens nicht). Die Politik will in dieser Zeit die Maßnahmen lockern, mehr Kontakte erlauben. Auch ohne die geplanten Großgottesdienste werden sich also mehr Menschen treffen, alte und junge. Es dürfte eine sensible Phase der Pandemie werden. Die Kirchen sollten deshalb ihre Kräfte darauf konzentrieren, das Fest so klein wie nötig und so sicher wie möglich zu feiern - und keine Anreize schaffen, sich in großen Gruppen zu treffen. Es wäre die falsche Botschaft zur falschen Zeit.