München:Wechselwirker

München: Das Werksviertel hinterm Ostbahnhof verändert sich. Dass es auch mit dem übrigen Berg am Laim richtig zusammenwächst, wollen Konstantin Wilhelm Risken und Fabian Ewald (von links) mit ihren Mitstreitern erreichen.

Das Werksviertel hinterm Ostbahnhof verändert sich. Dass es auch mit dem übrigen Berg am Laim richtig zusammenwächst, wollen Konstantin Wilhelm Risken und Fabian Ewald (von links) mit ihren Mitstreitern erreichen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Freunde des Werksviertels: Der neu gegründete Verein will das wachsende Kult-Areal mit dem gewachsenen Berg am Laim verknüpfen

Von Renate Winkler-Schlang, Berg am Laim

Berg am Laim gilt nicht gerade als das aufregendste Münchner Stadtviertel. Es führt eher solche Statistiken an, in denen es um Armut oder die Zahl der Alleinerziehenden geht. Das Werksviertel hinterm Ostbahnhof aber haben alle auf dem Schirm, die sich für Stadtentwicklung interessieren. Dort passiert die spannende Umwandlung eines früheren Industrieareals mit Pfanni, den Optimolwerken und anderen, aus dem zwischendurch eine Partymeile geworden war, hin zu einem modernen urbanen Quartier, in dem sich alte und neue Architektur, Wohnblöcke und Büros, Kreativ- und Kulturszene, schicke Bars und bodenständige Wirtshäuser mischen. Der künftige Konzertsaal wird dort platziert, Fack Ju Göhte als Musical auf die Bühne gebracht. Dass diese zwei Elemente Berg am Laims nicht berührungslos nebeneinander existieren wie zwei ferne Galaxien, darum will sich nun ein neuer Verein kümmern: Die Freunde des Werksviertels.

Sie kommen nicht aus dem Werksviertel, sondern sind im klassischen Berg am Laim verwurzelt: Der Vorsitzende Konstantin Wilhelm Risken und sein Vize Fabian Ewald sitzen nun aber mitten im neuen Quartier in der Gaststätte "Zum Riederstein" - die Nachtkantine hatte zu - und erzählen, wie ihnen klar wurde, dass sich jemand darum kümmern muss, dass hier zusammenwächst, was zusammengehört: "Gut, dann machen wir das", haben die beiden 26-jährigen Junge-Union-Mitglieder gesagt und bereits zehn Mitstreiter gefunden, auch aus der SPD. Sie betonen aber, dass es hier nicht um Parteipolitik, ja überhaupt nicht um Politik gehen soll, sondern um Kontakte, Begegnungen, um "die Integration des Werksviertels ins Stadtviertel".

Nicht nur die direkten Nachbarn rund um den Piusplatz haben lange Zeit gelitten unter den Zuständen in Kunstpark, Kultfabrik und Optimolgelände, bei ungünstigem Wind war der Lärm so mancher Party weit darüber hinaus zu hören. Auch die Zahl der Drogendelikte sei ja hoch gewesen, da bestünden durchaus noch Vorbehalte bei den Bürgern, meinen Risken und Ewald. Die Planungen fürs Werksviertel hingegen sehen alles vor, was die dort Wohnenden und Beschäftigten brauchen, von der Schule bis zum Supermarkt, von der Kneipe bis zum Kletterturm, das Werksviertel könnte eine autarke Welt für sich sein, wer dort hinzieht, hat nicht allzu viele Gründe, sich als Berg am Laimer zu fühlen. Diese beiden Risiken müsse man im Auge behalten, meint Fabian Ewald.

Ihm und den anderen Mitgliedern geht es aber vor allem um die Chancen: Sie hoffen, dass die Angebote des Werksviertels in den Bestand des Stadtteils ausstrahlen und dass die Berg am Laimer profitieren können von den neuen Möglichkeiten, Räumen und Locations. Beispiele können sie nennen: Es arbeiten so viele Künstler im Werksviertel, warum sollten die nicht einmal eine Skulptur auf dem Grünen Markt neben dem Maibaum aufstellen, warum sollte andererseits nicht die Künstlergilde des Bürgerkreises einen Stand beim Christkindlmarkt im Werksviertel haben oder sogar in der White Box ausstellen? Klar, das sei vielleicht ambitioniert gedacht, aber gerade das könne doch spannend sein. Da seien zudem die vielen Start-ups im Werksviertel: Berg am Laim sei das natürliche Umfeld für sie, um Partner in der Wirtschaft zu finden oder einfach Kunden. Auch wohltätige Vereine arbeiten hüben und drüben der imaginären Trennlinie, die es zu überwinden gelte.

Das Konzerthaus sei ein sehr wichtiges Thema: Sie wollen aufpassen, dass es das "Berg am Laimer Konzerthaus" werde. Vielleicht könne ein Musiker mal eine Klasse in der Berg-am-Laim-Schule besuchen? Mitglieder der Philharmonie beim traditionellen Straßenfest - das hätte auch was. Ein Arbeitskreis aus einer sozialen Einrichtung könnte einen Ausflug in den Kulturtempel zu einer Generalprobe machen, der örtliche Männergesangsverein vor einem großen Konzert im Foyer singen. Vorstellbar sei so vieles. Werner Eckart, der Pfanni-Erbe und Motor der Entwicklung im Werksviertel Mitte, habe jedenfalls seine Unterstützung zugesagt, erklären die beiden. Mitglied sei er "noch" nicht geworden, das könne aber noch kommen, denken sie.

Dass das bürgerlich-brave Berg am Laim einfach nur ein wenig vom Glanz und Glamour des Werksviertels abhaben will, weisen die Vereinschefs zurück: "Schauen wir doch erst mal, wie viel Glanz es hat, wenn alles fertig ist." Potenziale, Impulse, Austausch - das seien die Stichwörter, die sie lieber hören. "Wir wollen ein Bindeglied sein, in beide Richtungen. Wir begleiten das", sagen die beiden voller Überzeugung.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: