Dass es um Roger Waters zuletzt still geworden ist, kann man nicht sagen. Er sorgt mit seinen umstrittenen Äußerungen zum Ukraine-Krieg inklusive einem Auftritt bei den Vereinten Nationen und seiner Boykott-Haltung gegenüber dem Staat Israel ständig für Aufregung. Zudem feiert das legendäre Album "The Dark Side of the Moon", das er mit seiner damaligen Band Pink Floyd herausgebracht hat, in diesen Tagen 50. Geburtstag. Nur in München war es ruhig geworden um Waters und sein Konzert am 21. Mai in der städtischen Olympiahalle.
Im Herbst war noch heiß über eine Absage diskutiert worden. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hatte die städtische Tochter Olympiapark München GmbH (OMG) aufgefordert, die Rechtslage zu prüfen. Seither hatte man davon nichts mehr gehört. Erst als die Stadtratskollegen in Frankfurt und der hessische Landtag kürzlich beschlossen, das Konzert von Waters in der dortigen Festhalle abzusagen, war es auch in München vorbei mit der Ruhe um Waters.
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Die CSU verlangte in einem Dringlichkeitsantrag im Stadtrat, genauso vorzugehen wie in Frankfurt. Die Stadt als Eigentümerin der Olympiahalle und Gesellschafterin der Betreibergesellschaft solle diese anweisen, die Verträge zu kündigen. Der Antrag schaffte es am Mittwoch zwar nicht spontan auf die Tagesordnung, doch das Thema ist wieder gesetzt. Hinter den Kulissen berieten am Freitag bereits Aufsichtsräte der Olympiapark-Gesellschaft, wie es weitergehen soll. Am 14. März wird der Wirtschaftsausschuss des Stadtrats darüber befinden.
"Dort wird es umfassend um die Frage gehen, ob die Stadt München als Gesellschafterin die OMG anweisen wird, das Konzert abzusagen", kündigte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) an. Erwogen müsse zudem werden, "was dies für weitere Auswirkungen hat, wie zum Beispiel Schadensersatzansprüche oder eine mögliche Klage auf Zulassung zur Halle". Die Stadt würde deshalb auch sehr genau verfolgen, wie sich die geplante Absage in Frankfurt entwickle.
Waters ist in der Stadtpolitik schon länger wegen seiner Nähe zur in Teilen als antisemitisch geltenden Israel-Boykottbewegung BDS kein gern gesehener Gast. Schon beim bislang letzten Münchner Konzert 2018 war es zwischen dem Oberbürgermeister und dem Musiker zu einem offenen Konflikt gekommen. Seither hat Waters mit seinen Kommentaren zum Ukraine-Krieg für noch mehr Erbitterung in München, der Partnerstadt der ukrainischen Hauptstadt Kiew, gesorgt. Immer wieder attestierte er Putin nachvollziehbare Motive und verurteilte den Westen als Kriegstreiber.
In Frankfurt reichte es den Verantwortlichen, sie beschlossen die Absage. Inwieweit sie bereits vollzogen wurde, ist nicht bekannt. In München schätzen die Juristen die rechtliche Lage als sehr schwierig ein. "Wir überprüfen gerade, ob es eine Handhabe dafür gibt", sagte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD), die auch Vorsitzende des Aufsichtsrats der OMG ist. Schon alleine, ob eine entsprechende Anweisung der Stadt als Gesellschafterin an ihre Tochtergesellschaft rechtens ist, sei noch nicht geklärt. Ohne eine solche Anweisung könne die OMG aber die Verträge nicht kündigen, sagte Dietl.
Die Stadt hat bereits bittere Erfahrungen mit einem Verbot von Veranstaltungen mit BDS-Nähe in öffentlichen Einrichtungen gemacht. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zwang sie zur Öffnung ihrer Räume. Die Richter bezogen sich auf Grundrechte wie den Gleichheitsgrundsatz und die Meinungs- und Kunstfreiheit. Diese schützten auch extremistische, rassistische oder antisemitische Äußerungen, so hat es die Stadt verstanden. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte das Urteil später.
Die Fraktion Grüne/Rosa Liste nennt es "schwer erträglich", Waters in einer städtischen Halle eine Bühne zu geben. Sie suche nun mit den anderen Fraktion eine gemeinsame Haltung, um als Stadt ein geschlossenes Zeichen zu erreichen. Wenn das Konzert nicht mehr zu verhindern sei, werde man sich gemeinsam überlegen, was man Waters Haltung deutlich sichtbar entgegensetzen könnte, sagte Stadtrat David Süß. Das sieht auch Bürgermeisterin Dietl so: "Wir werden unsere Position deutlich zum Ausdruck bringen", kündigte sie an.