NachrufZum Tod von Soulmusiker Wally Warning

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Am vergangenen Freitag ist Wally Warning gestorben, wie seine Familie über dessen Internetseite mitteilte.
Am vergangenen Freitag ist Wally Warning gestorben, wie seine Familie über dessen Internetseite mitteilte. (Foto: Stephan Rumpf)

Beinahe jede Melodie, jeder Rhythmus und jede Textzeile seines musikalischen Schaffens zeugten von einem positiven Blick aufs Leben. Nun ist der Musiker Wally Warning gestorben.

Von Dirk Wagner

Der Sänger, Songschreiber und Multi-Instrumentalist Wally Warning ist vergangenen Freitag gestorben. Das teilte seine Familie Tage später auch den Fans des aus der Karibik stammenden Münchners über dessen Internetseite mit. Augenblicklich möchte man ihm seinen eigenen Song „Take Life“ als Nachruf widmen, in welchem Warning auch von einem Freund singt, der von uns gegangen ist, nachdem er das Leben Tag für Tag angenommen hat. Dieser Freund hätte ihn erkennen lassen, welche Freude ihm das Leben bringt, singt Warning.

Tatsächlich aber war Warning selbst allen Menschen, denen er begegnete, sei es persönlich oder in seiner Musik, jener Freund, der sie erkennen ließ, welche Freude ihnen das Leben bringt. Davon zeugen beinahe jede Melodie, jeder Rhythmus und jede Textzeile seines so wunderbar lebensbejahenden musikalischen Schaffens. Wohlgemerkt war und ist dabei Warnings vorbildlich positiver Blick aufs Leben keine weltfremde Träumerei, die naiv gegebene Missstände ignoriert.

Als Schwarzer hat Wally Warning sehr wohl Rassismus erlebt. Aber auch das Unrecht, das anderen Menschen widerfährt, nahm er zur Kenntnis. Doch solche Verfehlungen machen die von ihm behauptete Schönheit des Lebens ja nicht zur Lüge. Vielmehr ist das Unrecht doch der Betrug am Leben, den es zu korrigieren gilt. Und Wally Warning korrigierte unentwegt mit seinen Songs. Er pries in „Rainbow People“ allen Rassisten zum Trotz die Menschen in ihrer Vielseitigkeit als wunderschöne bunte Farben eines Regenbogens. Er erklärte in seinem Sommerhit „No Monkey“ einer Musikindustrie, dass niemand ihn davon abhalten könne, das zu tun, was er und wie er es wolle. Entsprechend rät er auch anderen in „Do it“, sich nicht von den eigenen Visionen abbringen zu lassen.

Warning singt all das mit einer Zuversicht, dass man es dem Sänger auch glaubt, dass letztlich alles gut wird. Solcher Optimismus speist aber nicht nur Warnings Songs. Vielmehr ließ er sogar ihn selbst als personifizierte Zuversicht erscheinen, die auch eine schwere Nervenkrankheit nicht brechen konnte. Fünfzig Jahre wäre er nie krank gewesen, fasste der 1948 auf der karibischen Insel Aruba geborene Ewald „Wally“ Warning sein Leben nach der Erkrankung einmal zusammen, und dann habe ihn gleich eine so schwere Krankheit erfasst, die dem leidenschaftlichen Musiker sogar die Fähigkeit nehmen wollte, zu musizieren. Die seltene Autoimmunerkrankung GBS (Guillain-Barré-Syndrom) hat 2016 nämlich binnen kürzester Zeit Warnings Körper lahmgelegt, wie es seine Familie damals auf Facebook mitteilte. Trotzdem blieb auch sie ganz im Sinne Warnings zuversichtlich: „Die typische ‚Wally-Power‘ (wie unser Freund Murxen sie nennt) ist mental ungebrochen“, schloss die Familie ihren Post.

Und tatsächlich konnte Warning die Krankheit besiegen. Sogleich lernte er auch mit Fleiß und der ihm eigenen Zuversicht wieder das Gitarrenspiel, um sofort ein neues Album aufzunehmen mit Songs, die er zum Teil bereits im Krankenbett erdacht hatte. Kaum wollte er solche neuen Songs seinem Publikum live auf dem Tollwood-Festival präsentieren, wo Werner Schmidbauer und Martin Kälberer ihn bereits als Gast ihrer Konzertreihe „Schmidbauer und Kälberer laden ein …“ angekündigt hatten, erlitt er einen Fahrradunfall, der ihn körperlich erneut einschränkte. Trotzdem trat Wally Warning auf, und wer das Konzert miterlebt hatte, das er damals zusammen mit seinen Gastgebern und seiner ebenfalls musizierenden Tochter Ami Warning auf der Bühne entfachte, wird sich noch sehr gut daran erinnern, wie Warning hier kein einziges Mal seine Einschränkungen bedauerte, stattdessen aber dankbar seine Möglichkeiten feierte.

Überhaupt ließ sein ressourcenorientiertes Denken eine defizitäre Betrachtung der Welt gar nicht zu. Weil der familieneigene kleine Tourbus irgendwann mal den Geist aufgab, wandte sich Warning in einem Aufruf vertrauensvoll an die Fans, ob jemand billig einen Kleinbus zu verkaufen habe. Als Corona sowohl ihm als auch seiner Tochter die Möglichkeit nahm, mit Konzerteinnahmen ihren Lebensunterhalt zu sichern, eröffneten sie einen Kiosk. Dann nahm er zusammen mit seiner Tochter, die längst schon eine eigene Karriere als Musikerin genießt, ein gemeinsames Studioalbum auf, das die beiden dann auf zahlreichen gemeinsamen Konzerten live präsentierten. Anfang des Jahres erschien schließlich ihr erstes gemeinsames Live-Album, das mit Wally Warnings „Take Life“ endet. „Nimm das Leben, wie es kommt“, rät er darin, auch, wenn man an manchen Tagen denken mag, dass das Leben schlecht zu einem sei: Take Life!

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