Süddeutsche Zeitung

Debatte zum Mieterschutz:Warum die FDP beim Vorkaufsrecht bremst

Weite Teile der deutschen Politik wollen den Kommunen möglichst schnell das Vorkaufsrecht zurückgeben. In einer Diskussion erklärt der FDP-Bundestagsabgeordnete Daniel Föst die Haltung seiner Partei.

Von Sebastian Krass

Nach Daniel Fösts erstem Redebeitrag geht es rund im Chat. Im Sekundentakt gehen Einwände gegen die Darstellung des FDP-Bundestagsabgeordneten aus München zum kommunalen Vorkaufsrecht ein. "Herr Föst, das ist leider nicht die Realität. Es wird massiv verdrängt und vertrieben aus Gründen der Investition in Immobilien in München", schreibt ein Mieter. Jemand anders: "Milieuschutz ist teuer? Teuer ist die Unterbringung von wohnungslosen Menschen."

Es war klar, dass Föst an diesem Dienstagabend einen schweren Stand haben würde. Schließlich waren es der Mieterverein München und die Initiative "Ausspekuliert", die zur Online-Diskussion mit fünf Bundestagsabgeordneten geladen hatten. Thema war, wie die Stadt München und andere Kommunen in Deutschland das Vorkaufsrecht für Mietshäuser in Erhaltungssatzungsgebieten zurückbekommen, das seit einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im vergangenen November faktisch ausgehebelt ist.

München hat in den vergangenen Jahren etwa 500 Millionen Euro für das Vorkaufsrecht ausgegeben, mit dem eine Kommune in einen geschlossenen Kaufvertrag zwischen zwei privaten Parteien eintreten kann - wenn die Immobilie in einem Erhaltungssatzungsgebiet liegt. Das sind vor allem innerstädtische Quartiere, in denen die angestammte Bevölkerung vor Verdrängung bewahrt, mithin das Milieu geschützt werden soll. 20 Prozent der Münchnerinnen und Münchner leben in solchen Gebieten. 1049 Wohnungen hat die Stadt per Vorkaufsrecht in den Bestand ihrer Gesellschaften GWG und Gewofag überführt.

Allerdings hat das Gericht die bisherige Praxis für rechtswidrig erklärt. Nun setzen sich die großen deutschen Kommunen, der Bundesrat und im Bundestag die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen sowie aus der Opposition die Linke und Teile der Union für eine schnelle Änderung des Baugesetzbuches ein. Für die CSU im Bundestag bekennt sich an diesem Abend der Münchner Abgeordnete Wolfgang Stefinger zum Vorkaufsrecht.

Am 9. Mai steht der nächste große Schritt an

Allein, die FDP macht bisher nicht mit. "Wir haben Fragen zum Milieuschutz", sagt Daniel Föst, und diese seien bisher nicht beantwortet. "Das Vorkaufsrecht ist ein sehr teures Instrument." Er könne sich viele soziale Belange vorstellen, die man mit jener halben Milliarde Euro hätte finanzieren können. Aber Föst betont auch: "Wir sperren uns nicht grundsätzlich." Auch das Vorkaufsrecht ist also Verhandlungssache in der Ampelkoalition.

Der nächste große Schritt steht am 9. Mai bevor. Dann ist im Bundestag eine Anhörung mit Expertinnen und Experten zum Thema angesetzt. Claudia Tausend, SPD-Wohnungspolitikerin im Bundestag und ebenfalls aus München, berichtet, dass das von ihrer Parteifreundin Klara Geywitz geleitete Bauministerium intensiv an einem Gesetzentwurf zum Vorkaufsrecht arbeite. "Wir wollen ihn am 9. Mai vorlegen können, um dann am Text diskutieren zu können", kündigt Tausend an.

Auf einen Termin für eine Gesetzesänderung will sie sich gleichwohl nicht festlegen. Christina-Johanne Schröder, wohnungspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, wagt sich weiter vor: Sie gehe davon aus, dass die Ampel sich einige und "dass wir den Kommunen das Instrument vor der Sommerpause wiedergeben können".

Diesen Punkt betont auch Caren Lay (Linke) und spricht damit einen Skeptiker wie Föst an: Der Bund schaffe ja nur die Rahmenbedingungen, die Kommunen können mit ihren Mehrheitsverhältnissen entscheiden, ob und wie oft sie das Vorkaufsrecht einsetzen.

Eigentlich ein liberaler Gedanke, könnte man meinen. In der Diskussion geht FDP-Mann Föst nicht darauf ein. Auf Nachfrage betont er später, der Bundestag könne sich erst eine Meinung über eine Gesetzesänderung bilden, "wenn das Bauministerium geliefert hat". Im Übrigen gebe es "aus gutem Grund bundeseinheitliche Standards, wenn es um den Eingriff ins Eigentum geht".

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