Eine Stadt hustet und schnieft. Corona, das Respiratorische Synzytial Virus (RSV) bei Kindern und das Influenza-Virus - gleich drei Atemwegserkrankungen sorgen für volle Wartezimmer bei Internisten und Kinderärzten und für zahlreiche Krankschreibungen. Auch in den Krankenhäusern und Notfallaufnahmen ist die Lage angespannt. Drei Viren mischen auf: Aber, und das ist eine gute Nachricht für alle Eltern: Die Zahlen der Kinder, die am RS-Virus erkrankt sind, gehen langsam zurück. Wie auch die Zahlen der Akuten Respiratorischen Atemwegserkrankungen (ARE).
Das Gesundheitsreferat (GSR) verweist dabei auf einen Wochenbericht des Robert-Koch-Instituts (RKI). Demnach seien die Zahlen in der Woche vom 12. Dezember in Deutschland im Vergleich zur Vorwoche gesunken, Trotzdem liegen die Werte laut RKI aktuell "weiterhin über dem Niveau der Vorjahre" zum Höhepunkt schwerer Grippewellen. Auch die Arztbesuche von Kindern bis 14 Jahre gingen demnach zurück.
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In den Notaufnahmen ist viel los
"Die Lage ist trotzdem angespannt", sagt Bernhard Heindl, der Leiter der Stabsstelle Strategische Unternehmensberatung des LMU Klinikums, "aber nicht katastrophal". Auch quellen die Intensivstationen nicht über: Dennoch sei in den Notaufnahmen sehr viel los, die Verlegung von Patienten durch den Rettungsdienst mit großen Wartezeiten verbunden. Denn alle Kliniken seien ja voll, hätten ihre "roten Flaggen gehisst". Was heißt: Im Interdisziplinären Versorgungsnachweis (Ivena), der die Behandlungs- und Bettenkapazitäten der regionalen Krankenhäuser anzeigt, melden sich zeitweise die Notaufnahmen ab. "Das größte Problem ist derzeit das Influenza-Virus", sagt Heindl. Sars-CoV-2 sei zudem immer da - "wie ein Grundrauschen".
Von einer "rappelvollen" Klinik spricht Johannes Hübner. Der Leitende Oberarzt und Abteilungsleiter der Infektiologie am Haunerschen Kinderspital bestätigt, dass die Situation "kritisch", aber "zu managen" sei. Pflegefachkräfte betreuten mehrere Kinder, Betten würden hin- und herverlegt. Man habe aber, so Hübner, alle Kinder mit dem RS-Virus "adäquat und gut" versorgen können. Mittlerweile könne man aber auch wieder "mehr verlegen", sagt der 62-Jährige.
Die Zahlen steigen nicht weiter
Auch wenn 50 Prozent der kleinen Patienten in der München Klinik (Mük) am Standort Schwabing RSV haben: "Wir haben tatsächlich gerade ein Plateau erreicht", bestätigt Julia Hauer. Die Zahlen sind laut der Chefärztin des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin der München Klinik zuletzt nicht weiter gestiegen. Trotzdem sei man an einer "Kapazitätsgrenze" angelangt. Denn alle Patienten - ob Corona, Influenza oder RSV - müssten isoliert werden. Ein PCR-Test, der auf alle drei Viren anspricht und bei der stationären Aufnahme gemacht wird, entscheidet, wie die Patienten in den Zimmern aufgeteilt werden. "Kinder, die sich mit dem RSV angesteckt haben, kommen in ein Zimmer, Influenza-Patienten in ein anderes", sagt Hauer. Aktuell kämen jetzt mehr Kinder mit sehr hohem Fieber und Fieberkrämpfen - typischen Anzeichen für eine Grippe. RSV-Patienten hätten vor allem Bronchitis und seien oft auf eine zusätzliche Sauerstoffbehandlung angewiesen.
RSV-Wellen gibt es immer wieder. Epidemiologisch sei das Virus sehr komplex, erklärt Johannes Hübner. Wann die Wellen kämen und gingen, habe man noch nicht "verstanden". "Wir kennen diese Wellen seit Jahren" sagt auch Julia Hauer. Aber jetzt sei die Welle ungleich "ausgeprägter". Für die Chefärztin hat das einen Grund: Aufgrund der Pandemie-Beschränkungen der vergangenen Jahre seien die Kinder deutlich weniger Infektionskrankheiten ausgesetzt gewesen. "Das macht sie jetzt aktuell deutlich anfälliger."
Genaue Zahlen, wie viele Kinder am RS-Virus erkrankt und ambulant oder stationär behandelt worden sind, liegen dem Gesundheitsreferat München (GSR) nicht vor, da es sich gemäß des Infektionsschutzgesetzes nicht um meldepflichtige Krankheitsfälle handelt.
Nicht nur die Kinder, sondern auch sehr viele Erwachsene liegen derzeit flach. Die Krankmeldungen nehmen wieder zu. Beispielsweise liegt laut München Klinik die Krankheitsquote bei den Mitarbeitern derzeit um knapp zwei Prozent höher als im Dezember 2021.
Zunehmende Krankmeldungen
Und auch die Krankenkassen verzeichnen steigende Krankmeldungen. Zahlen liegen laut der Gesundheitskasse AOK Bayern aktuell allerdings nur für die Monate September und Oktober in Bayern vor. Aber schon an diesen Zahlen ist zu sehen, dass die sogenannte Arbeitsunfähigkeits-Quote (AU) bei den versicherten Beschäftigten deutlich gestiegen ist. Im September gab es in Bayern insgesamt 127 769, im Oktober schon 212 202 Fälle einer akuten Infektion der oberen Atemwege - das entspricht einer Zunahme um 66 Prozent. Im Vorjahr waren es im September insgesamt 47 142, im Oktober 107 902 Fälle gewesen. Im Vergleich zum Oktober des Vorjahres entspricht der aktuelle Wert nahezu einer Verdopplung.