Diese Drinks gibt es weder geschüttelt noch gerührt, sondern nur frisch gepresst. Hochprozentiges wandert beim Saftstand nicht über die Theke. Obwohl die Mixturen mit Namen wie „Erdbeer Spezial“, „Kiwi Flip“ und „Mambo Italiano“ genauso wie Cocktails klingen und ebenso bunt sind.
Münchner Natursaft UG, ehemals Natursaft Müller, ist einer der sechs Stände auf dem Viktualienmarkt, die Säfte verkaufen. Zwischen der Münchner Suppenküche und dem Ida-Schumacher-Brunnen versenkt Patrick seit zwölf Jahren Karotten, Äpfel und Selleriestauden im Entsafter, schenkt 0,2 und 0,4 Liter in Gläser und Pappbecher. Und gießt bei Bedarf auch noch einen Schuss Öl mit in die Säfte, damit der Körper die fettlöslichen Vitamine auch aufnehmen kann.
Vor dem 55-Jährigen stehen Behältnisse mit geschälten Orangen, geputzter Rote Bete und gewaschenen Äpfeln, außerdem acht Glaskannen mit bereits vorbereiteten Mischungen in Rosa, Grün und leuchtendem Gelb. Hinter Patrick ist auf einem Bild einer aufgeschnittenen Ananas das Angebot samt Preisen geschrieben. Es gibt alle möglichen Kombinationen mit Obst und Gemüse. „Aber Sonderwünsche sind auch möglich“, sagt er.
Was die Münchnerinnen und Münchner trinken, hängt nicht nur von der Saison ab, sondern welches Superfood und gesundes Wundermittel gerade im Trend liegt. Vor einigen Jahren war es Weizengras, nun wird vermehrt Selleriesaft geordert, sagt Patrick. Flüssige Evergreens sind etwa der „Gemüse Spezial“ aus Karotte, Sellerie, Rote Bete, Apfel und Ingwer ab 2,90 Euro oder der „Rote Baron“ aus Granatapfel, Rote Bete, Ingwer ab 4,50 Euro. Ein Saft von einer so roten Farbe, dass man sie sogar zu schmecken meint.
Lebensbejahend ist auch der „Never give up“-Shot mit Ingwer und Zitrone, nach einem eigenen Rezept von Patrick. Und für die, die es schärfer mögen, der Kurkuma-Shot für drei Euro aus Kurkuma, Zitrone, Ingwer und Cayenne-Pfeffer. Die neuen Kreationen entstehen meist im Winter, „da ist nicht so viel los“, sagt Patrick. Er vertreibe sich mit dem Ausprobieren von ungewöhnlichen Kombinationen die Langeweile. So ist etwa der „Winterzauber“ entstanden. Birne, Dattel, Banane, Kokosnussmilch, Zimt und Orange.
„Der Red Star hieß mal Fitmacher, aber wir dürfen ihn nicht mehr so nennen, denn der Name sei irreführend“, sagt Patrick. Und Fruchtsaft, so harmlos dieses Getränk auch klingt, vermag die Gesellschaft zu spalten. Besonders in den sozialen Medien. Während manche zum Detoxen bei ihrer Saftkur wochenlang auf feste Nahrung verzichten, warnen in einer anderen Bubble manche vor den Gefahren von Orangensaft, der etwa so viel Zucker enthält wie Cola und Fructose und in Mengen ohnehin ungesund sei.
Wie so oft im Leben gilt es also, das richtige Maß zu finden. Besonders, wenn Patrick hinter der Saftbar steht und fragt: „Extra Ingwer?“ Wer nun viel verlangt, der bekommt ein ordentliches Stück – oder gar eine ganze Knolle. So viel jedenfalls, dass einem sofort die Tränen in die Augen schießen.
Münchner Natursaft UG, Viktualienmarkt, Abteilung III/Stand 6, 80331 München, Öffnungszeiten: Montag bis Samstag von 7 bis 18 Uhr.