Süddeutsche Zeitung

Viehhofgelände:"Es muss ein entspannter Ort bleiben"

  • Das städtische Planungsreferat hat speziell für die Wohnnutzung auf dem Viehhofgelände über zwei Jahre hinweg einen Masterplan entwickelt.
  • Der sieht offenbar vor, dass das Areal deutlich dichter bebaut wird als bislang bekannt.
  • Lokalpolitiker mahnen unterdessen, die Bürger mit einzubeziehen.

Von Birgit Lotze

Es könnte sein, dass das ehemalige Viehhofgelände um einiges kompakter bebaut wird, als bislang erwartet. Denn bei der Präsentation des sogenannten Masterplans, den das städtische Planungsreferat speziell für die Wohnnutzung auf dem Gebiet über zwei Jahre hinweg entwickelt hat, sprachen die Stadtplanerinnen im Bezirksausschuss von 600 Wohnungen, die sie sich auf dem Areal vorstellen können. Bislang war von 420 Wohnungen die Rede. Der Masterplan soll am kommenden Mittwoch im Stadtrat behandelt werden, vorher will das Planungsreferat keine weitergehenden Inhalte bekanntgeben. Doch wurde deutlich, dass überwiegend sechsstöckige Häuser geplant sind - und zwei wesentlich höhere, die sich an dem für das Volkstheater geplanten Bühnenturm orientieren.

Der ehemalige Viehhof, eines der raren innerstädtischen Areale in kommunaler Hand, ist mit sieben Hektar so groß wie zehn Fußballfelder. Pferde, Rinder und Schweine wurden hier einst kurz vor ihrem Ende auf der Schlachtbank zusammengetrieben. Die Stadt wollte, nachdem der Schlachthof keinen eigenen Viehhof mehr brauchte, das Gelände bebauen. In der Zwischenzeit machten sich Kulturschaffende breit - mit Viehhof-Kino, Graffiti-Aktionen und Märchen-Weihnachtsmarkt. Bürgerinitiativen bildeten sich. Viele Münchner forderten, diesen rauen, weiten und kreativen Ort nicht einfach zuzupflastern. "Es muss ein entspannter Ort bleiben", forderte Silvia Haas (Grüne), damals eine der Initiatorinnen der Petition "Volkstheater in die Großmarkthalle". Der Viehhof sei ein geschichtsträchtiger Ort, der eine kreative und gute Behandlung verdient habe.

Das Gesamtkonzept, das das Kommunalreferat vor genau zwei Jahren vorgelegt hatte, nahm dann sogar Kritikern einer Bebauung ein paar Befürchtungen. Der Rahmenplan sieht neben dem Neubau des Volkstheaters an der Tumblingerstraße einen großen Bereich für Wohnungen vor - vom Theatergebäude durch einen verbreiterten Durchgang getrennt bis hin zur Thalkirchner Straße. Entlang der Zenettistraße und teils auch integriert in den Wohnkomplex sollte Gewerbe angesiedelt werden - möglichst jene Betriebe, die dort bereits bestehen und eventuell umgesiedelt werden müssen. Münchens Markthallen-Leiter Boris Schwartz wünschte sich damals eine Mischung, die dem sogenannten Bauch der Stadt, zu dem der Viehhof neben dem Schlachthof und dem Großmarkt zählt, neue Ideen, die über den Wohnungsbau hinausgehen.

Von einer Integration von Gewerbe in das Wohnviertel ist offenbar im Masterplan kaum die Rede, vier Kindertagesstätten sind eingeplant. Auch sonst klingt alles eher nach einer gängigen Architektenlösung denn nach einer behutsamen Entwicklung einer der rauesten Kulissen der Stadt: Der Teil des Viehhofgeländes an der Zenettistraße, an dem Gewerbe angesiedelt werden soll, heißt im Konzept "Gewerbehof". Die Tiefgarage soll von der Thalkirchner Straße aus erschlossen werden. Und im Anschluss an die großzügige Grünfläche entlang der Bahngleise ist beabsichtigt, eine Lärmschutzwand hochzuziehen.

Beate Bidjanbeg (SPD) machte in der Bezirksausschusssitzung nochmals darauf aufmerksam, dass die Bürger sich vor allem bei der Entwicklung der Grünfläche wünschen, einbezogen zu werden. Das sei wichtig, es brauche einen "identitätsstiftenden, kreativen Part", sagte sie. "Nicht, dass irgendwelche Architekten einfach loslegen." Es seien bereits viele Ideen an sie herangetragen worden, hängende Gärten zum Beispiel, ein Amphitheater. Viele Bürger wünschten sich, die "Sunset-Boulevard-Situation" mit offenem Horizont in Richtung Süden zu bewahren. Auch gebe es Stimmen, nach denen der Zuglärm weit lieber in Kauf genommen wird als eine Lärmschutzwand. "Bindet also die Bürger ein", forderte Bidjanbeg wiederholt.

Die Vertreterinnen des Referates für Stadtplanung zeigten sich dafür offen. Doch sei das zu früh in diesem Stadium der Verwaltungsarbeit. Man müsse den Bebauungsplan abwarten. "Doch wir sind bereit dazu", sagte Stadtplanerin Verena Barth. Auch Fragen zur Fassadengestaltung, zur Verkehrsanbindung oder der Schulversorgung stellten sich noch nicht, sagte sie. Auch sei der Zeitplan offen, solange kein Konzept erstellt sei, wann und wie das ansässige Gewerbe Räume verlassen müsse.

Vor zwei Jahren hatte das Planungsreferat allein die Planung auf fünf Jahre geschätzt. Stadtbaurätin Elisabeth Merk will das Projekt schrittweise entwickeln. Derzeit liegt die Stadt zeitlich im Plan: Im Frühjahr vor einem Jahr wurden die ehemaligen Pferdeställe an der Tumblingerstraße abgerissen, seitdem wird das Volkstheater gebaut, das erste Geschoss steht bereits.

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SZ vom 27.06.2019/vewo
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