München scheitert mit Verbot:Gericht erlaubt umstrittene Pro-Palästina-Parole bei Demo

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Bei einigen Pro-Palästina-Demonstrationen in München war auch die Parole „From the river to the sea“ verwendet worden. Das KVR wollte das verbieten lassen (Archivfoto). (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Stadt wollte den Spruch „From the river to the sea“ bei einer Kundgebung unterbinden – und scheitert. Wie der Verwaltungsgerichtshof seine Entscheidung begründet.

Von Bernd Kastner

Die Stadt München muss in ihrem Bemühen, propalästinensische Versammlungen einzuschränken, vor Gericht eine weitere Niederlage hinnehmen. Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) als Versammlungsbehörde wollte verbieten, dass bei einer Demonstration in der kommenden Woche die Parole „From the river to the sea“ verwendet wird. Dieses Verbot sei rechtswidrig, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in einem Eil-Beschluss entschieden. Das Grundrecht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit sei gewichtiger. Zuletzt war die Stadt mit ihrer restriktiven Linie gegen propalästinensische Versammlungen mehrmals gerichtlich gescheitert, etwa mit dem Pauschalverbot von Palästina-Demos.

Aktuell geht es um eine Demo am kommenden Montag um elf Uhr auf dem Goetheplatz mit 20 Personen. Die Anmelderin, eine „palästinasolidarische Person“ nach Angaben der Gruppe „Palästina spricht München“, kündigte unter anderem das Verwenden von Plakaten an mit der Aufschrift „From the river to the sea, Palestine will be free“. (Gemeint ist das Gebiet vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer.) Die Stadt untersagte diese Parole, weil sie den Anfangsverdacht einer Straftat sehe: Das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen sei verboten. Nach dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel hatte das Bundesinnenministerium den Spruch auf eine Verbotsliste gesetzt. Ob und wie er sanktioniert werden soll, ist politisch und juristisch umstritten.

Gegen das städtische Parolen-Verbot klagte im Eilverfahren die Demo-Organisatorin. Sie verweist darauf, dass sie sich im Motto der Demo für Frieden und Freiheit für alle Menschen in Israel und Palästina ausspreche. In erster Instanz obsiegte das KVR: Vieles spreche dafür, dass die Parole strafbar sei, so das Verwaltungsgericht. Man müsse davon ausgehen, dass mit dem Spruch ein gewaltsames Vorgehen gegen Israel gemeint sei.

Der VGH als zweite Instanz ist anderer Ansicht. Er wertet das Parolen-Verbot als „unverhältnismäßig“. Ob die umstrittene Parole strafbar sei, hänge von den konkreten Umständen ab, in denen sie verwendet werde; insbesondere, ob ein Bezug zur Hamas hergestellt werde. Die Stadt argumentiere im Rahmen ihrer „Gefahrenprognose“ nur mit „Vermutungen“, wie der Spruch verwendet werde, nicht mit konkreten Anhaltspunkten. Und das reiche nicht für ein Verbot, so der VGH. Zugleich betont das Gericht, dass es damit den Spruch keineswegs legalisiere. Die Demo-Organisatorin und -Teilnehmenden müssten selbst darauf achten, dass sie keine Straftat begehen. Den Strafverfolgungsbehörden, so der VGH, bleibe es unbenommen, möglicherweise strafbares Verhalten entsprechend zu verfolgen.

Zwar habe „Palästina spricht München“ nach eigenen Angaben die Demo nicht angemeldet, dennoch feiert sie die VGH-Entscheidung auf Instagram als „bedeutenden Sieg für die Meinungsfreiheit und Gerechtigkeit“. Die Parole „From the river...“ verkörpere „unser unerschütterliches Engagement für die Freiheit und die gleichen Rechte aller Menschen, die zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer leben.“

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