Süddeutsche Zeitung

Elektroroller:Preisvergleich: E-Scooter sind zu teuer für Münchner

  • E-Scooter haben sich rasant in den Städten verbreitet.
  • Doch der Preisvergleich eines Onlineportals zeigt: In München ist es deutlich günstiger, ein Fahrrad zu leihen oder öffentlich zu fahren.
  • "Als Fortbewegungsmittel mit wirklichem Alltagsnutzen" kämen die Elektroroller deshalb nicht in Frage, heißt es in dem Test.

Von Andreas Schubert

Die neuen E-Scooter erfreuen sich in München nicht nur bei Einheimischen einer zunehmenden Beliebtheit. Auch Touristen - nicht nur jüngeren Alters - sind immer häufiger mit einem elektrisch betriebenen Tretroller unterwegs. Denn für eine Stadtbesichtigung, bei der man mit den kleinen Rollern zügig vorankommt, sind sie gut geeignet, außer in den Fußgängerzonen, in denen sie nicht gefahren werden dürfen.

Dabei ist das Ausleihen der Roller kein billiges Vergnügen. Das Online-Einkaufsportal "mydealz" hat sich nun genauer angeschaut, wie die Roller im Vergleich zu anderen Sharing-Angeboten preislich wegkommen. Dazu haben die Tester die anfallenden Kosten für unterschiedlich lange Strecken zu unterschiedlichen Tageszeiten errechnet. Und weil es bei mydealz vor allem darum geht, etwas günstig zu bekommen, gelangten die Tester zu dem Schluss: E-Scooter eigneten sich für alle, die in einer Stadt zu Besuch sind oder einfach nur so einmal Spaß haben möchten. "Als Fortbewegungsmittel mit wirklichem Alltagsnutzen disqualifizieren sie sich indes durch ihre vergleichsweise hohen Kosten."

In der Tat übersteigen die Gebühren für die als Beitrag zum Klimaschutz beworbenen Roller, die den Weg zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel erleichtern sollen, rasch den Preis einer Karte für den öffentlichen Nahverkehr. Und verglichen mit Sharing-Rädern haben sie preislich auch keine Chance.

Sechs Städte haben sich die Tester vorgenommen: Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln und München. In München wurden die Anbieter Circ, Hive, Lime, Tier und Voi angeschaut und mit den beiden zusammengehörenden Carsharing-Firmen Car2Go und DriveNow sowie dem neuen Angebot Sixt Share verglichen. Weiter dienten als Vergleichsgrößen die Roller von Emmy, die elektrisch betriebene Mopeds sind, und Lidl-Bike. Unter der Lidl-Marke selbst gibt es in München zwar keine Räder. Lidl kooperiert hier mit der Bahn-Tochter Call a Bike.

Ein Manko der Studie: Die MVG-Räder, die in München eigentlich das größte Mietrad-Angebot darstellen, wurden nicht einbezogen. Denn getestet wurden ausschließlich sogenannte Free-floating-Fahrzeuge, also solche, die nicht an Stationen gemietet und zurückgegeben werden. Bei den Preisberechnungen haben die Tester zudem stets die günstigsten Preise eines Anbieters für ihre Berechnung verwendet. Denn etwa bei den Carsharern gelten je nach Tageszeit, Standort und Fahrzeugmodell variierende Preise.

Auf der Strecke zwischen Marienplatz und Ostbahnhof kam zu allen Tageszeiten als billigster Anbieter der Carsharer Sixt mit 1,33 Euro weg, als teuerster der E-Scooter-Vermieter Lime (3,75 Euro). Dass ausgerechnet ein Auto billiger ist als ein Roller, liegt allerdings daran, dass Sixt derzeit mit sehr günstigen Angeboten operiert und die Minute im Juli nur neun Cent kostet, ansonsten gibt es die Sixt-Autos nicht unter 19 Cent pro Minute. Der Vergleich hinkt also ein wenig.

Auf weiteren getesteten Strecken, auf denen man mit dem Rad schneller ist, etwa zwischen Wiener Platz und Circus Krone sowie zwischen Theresienwiese und Deutschem Museum, kommen die Leihräder von Donkey Republic und Call a Bike am besten weg. Der teuerste Anbieter war jeweils der E-Scooter-Vermieter Lime.

Warum aber sind die Tretroller eigentlich so kostspielig? Da liegt unter anderem daran, dass bei jedem Mietvorgang eine Gebühr von einem Euro fällig wird. Dann fallen noch Minutenpreise zwischen 15 Cent (Hive) und 25 Cent (Lime) an. Der Anbieter Tier, der mit der Münchner Verkehrsgesellschaft kooperiert, nimmt pro Minute 19 Cent. Dafür werden allerdings keine Anmeldegebühren fällig, einen Führerschein brauchen die Kunden ebenso wenig.

Das Anmeldeprozedere für die E-Scooter ist deutlich unkomplizierter als bei Carsharern, die den Nachweis eines Führerscheins benötigen. Und: Alle Autovermieter nehmen in der Regel eine Anmeldegebühr, bis auf Sixt, der neu in den Markt drängt und derzeit noch darauf verzichtet. Die beliebten Emmy-Roller mit ihrer nostalgischen Schwalben-Karosserie kosten 23 Cent je Minute. Die Mieträder gibt es bereits ab drei Cent, sie kosten aber eine Startgebühr von 1,50 Euro, die allerdings etwa bei Lidl-Bike (in München: Call a Bike) dann bereits die Kosten für die erste halbe Stunde Fahrt beinhaltet.

Fazit der Tester: In allen Städten seien Einheimische und Touristen "gut beraten", sich per Fahrrad durch die Stadt zu bewegen. Am günstigsten sei es natürlich, zu Fuß zu gehen.

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SZ vom 29.07.2019/vewo
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