Nach Anschlag mit zwei Toten:Wieder Warnstreik in München – mit stark abgesicherter Kundgebung

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Eine Verdi-Fahne ist auf einer Demonstration zu sehen (Archivbild). (Foto: Tom Weller/dpa)

Städtische Kliniken, Kitas und die Müllabfuhr werden diese Woche bestreikt. Auf dem Marienplatz trifft sich die Gewerkschaft zur Kundgebung, zum ersten Mal nach dem Anschlag auf die Verdi-Demonstration mit zwei Toten Mitte Februar.

Von David Scheidler

Wenn am Donnerstag in München wieder im öffentlichen Dienst gestreikt wird, werden einige Menschen bei der Kundgebung auf dem Marienplatz fehlen. Zuallererst die städtische Mitarbeiterin Amel und ihre zweijährige Tochter Hafsa, die beiden Todesopfer des Anschlags auf die jüngste Verdi-Kundgebung am 13. Februar, danach die 60 Verletzten. Doch auch die restlichen Mitarbeiter der besonders betroffenen Stadtwerke und der Stadtentwässerung werden nicht dabei sein. Aus Angst, wie Verdi-Geschäftsführerin Claudia Weber einräumt.

Die Kundgebung, welche den Streik im öffentlichen Dienst begleitet, findet einen Monat nach dem Anschlag statt, einen Monat, nachdem Farhad N. mit seinem Auto in die bislang letzte Veranstaltung dieser Art gerast war. Diesmal wird es keinen Demonstrationszug geben. Auch der gewählte Ort ist kein Zufall. Der Marienplatz als Schauplatz der Kundgebung kann polizeilich wegen mangelnder Zufahrtsmöglichkeiten besonders gut abgesichert werden.

Eine Schweigeminute für die Todesopfer und die körperlich wie seelisch Verletzten soll es geben, danach möchte man bei Verdi nach vorn blicken. Nach vorn, das heißt: in Richtung Arbeitskampf, den auch die verstorbene Mutter geführt hatte. Bevor am Wochenende die dritte Verhandlungsrunde im Tarifstreit mit Bund und Kommunen ansteht, will die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft den Druck erhöhen.

Daher wird es am Donnerstag erneut Einschränkungen in der Stadt geben. Die Erfahrungen des jüngsten Streiks legen nahe, dass viele der 450 städtisch betriebenen Kitas teilweise oder ganz geschlossen bleiben könnten. Eltern wird empfohlen, direkt bei der Leitung ihrer Einrichtung nachzufragen, wie stark diese betroffen sein wird. Die wichtigsten Fragen sind zudem unter www.muenchen.de/kita beantwortet.

Auch die München-Klinik wird vom Streik betroffen sein. Die Notfallversorgung sei gesichert, dringende Operationen sollen stattfinden. Sollten Termine wegen des Streiks verschoben werden, würden die Patienten vorab informiert. Sie sollen zeitnah einen neuen Termin erhalten, teilte ein Sprecher mit.

Müllabfuhr streikt sogar drei Tage

Auch beim Abfallwirtschaftsbetrieb wird zum Streik aufgerufen. Dort wird allerdings nicht nur am Donnerstag, sondern sogar bis einschließlich Samstag die Arbeit niedergelegt. Daher wird die Müllabholung in diesen Tagen eingeschränkt sein. Laut Verdi bleiben zudem die Wertstoffhöfe und das Gebrauchtwarenkaufhaus „Halle 2“ am Samstag voraussichtlich geschlossen.

Inwieweit es in Ämtern wie dem Bürgerbüro oder auch den Sozialbürgerhäusern zu Einschränkungen kommt, ist unklar. „Wir wissen es einfach nicht“, sagte ein Sprecher des Sozialreferats. Es liege in der Natur eines Streiks, dass er den Arbeitgeber überrasche.

Auch kulturelle Einrichtungen wie die städtische Sing- und Musikschule oder die Kammerspiele sind zum Streik aufgerufen. Der öffentliche Nahverkehr ist in München nicht betroffen, da die Verkehrsgesellschaften einen eigenständigen Tarifvertrag besitzen.

Ausgelöst wird der erneute Warnstreik durch den Stillstand in den Tarifverhandlungen mit Bund und Kommunen. Verdi fordert acht Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 350 Euro mehr pro Monat. Zudem soll es drei zusätzliche Urlaubstage geben. In den ersten beiden Verhandlungsrunden hatte der Arbeitgeber kein konkretes Gegenangebot vorgelegt und eine Laufzeit von 36 Monaten gefordert.

Verdi-Geschäftsführerin Claudia Weber zeigte sich entrüstet über den Status quo der Arbeitnehmer in München: „Unsere Kolleginnen und Kollegen sind am Limit“, sagt sie. „Die Beschäftigten halten die Stadt am Laufen, doch ihre Leistung wird nicht angemessen honoriert.“

Diese Missstände sind es, die sie glauben lassen, dass auch am Donnerstag wieder viele dem Streikaufruf folgen werden. Einige von ihnen werden zur Kundgebung am Marienplatz gehen, die um 11.15 Uhr beginnt. Trotz der Sorge. Und aus Solidarität mit denen, die es nicht können.

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