Süddeutsche Zeitung

München:Schluss mit Ponyreiten auf dem Oktoberfest - ab 2024 verboten

Vor fünf Jahren ist die SPD mit ihrem Antrag gescheitert, nun steht fest: Von 2024 an sind auf städtischen Flächen keine Manegen-Ausritte für Kinder mehr erlaubt. Große Teile der Opposition sind nicht begeistert.

Von Heiner Effern

Lange drehte sich der Stadtrat beim Ponyreiten auf Festen oder Jahrmärkten selbst im Kreis, doch am Dienstag hat der Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft eine Entscheidung getroffen. Vom 1. Januar 2024 an werden auf städtischen Flächen und Veranstaltungen keine Reitgeschäfte mehr zugelassen. Das beschloss eine Mehrheit aus Grünen, SPD und der Linken gegen die Stimmen von CSU, FDP und Freien Wählern.

Stadträtin Julia Post (Grüne) bezeichnete den Beschluss danach als "praktizierten Tierschutz und Abschied von einem antiquierten Bild von Tieren als Konsumgüter". Das stundenlange stupide Laufen im Kreis sei nicht artgerecht und führe langfristig zu gesundheitlichen Schäden bei den Tieren. "Pferde sind Fluchttiere. Sie leiden unter dem Lärm und dem Trubel auf dem Oktoberfest oder der Auer Dult", erklärte Post weiter.

Die SPD schloss sich den Ausführungen an, weit weniger leidenschaftlich allerdings als noch vor fünf Jahren. Damals hatten die Sozialdemokraten ebenfalls beantragt, das Ponyreiten auf Münchner Festen zu verbieten, waren damit jedoch nach einer sehr emotionalen Debatte mit einem Patt bei der Abstimmung gescheitert. Nun aber haben sich die Mehrheitsverhältnisse für einen neuen Anlauf geändert, was den Betreibern der Reitkarussells mit Münchner Bezug den Garaus machen dürfte.

Da dies den Grünen selbst in einem Gespräch mit Betroffenen offenbar erst so richtig klar geworden war, gewähren sie nun eine Übergangsfrist und verbieten das Ponyreiten nicht sofort. Stadträtin Post berichtete von einem der "härtesten" Gespräche, das sie seit Beginn ihrer Amtszeit vor einem Jahr führen hätte müssen. Die Übergangszeit bis 2024 bezeichnete sie nun aber als "angemessen".

In München werden dann auf dem Frühlings- und auf dem Oktoberfest sowie auf den Dulten und dem Magdalenenfest keine Manegen-Ausritte für Kinder mehr möglich sein. Der zuständige Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) hätte das ebenso gerne verhindert wie große Teile der Opposition. CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl warf der grün-roten Koalition vor, dass sie den Betrieben wegen eines überzogenen Tierschutzes die Existenz nähme und Kindern gegenüber eine soziale Kälte ausstrahle.

Viele, gerade auch junge Mädchen, träumten davon "mal real auf einem Pferd zu sitzen", könnten sich diesen Wunsch aus finanziellen Gründen aber nie erfüllen. Beim Ponyreiten auf den Festen könnten sie in Kontakt zu den Tieren kommen und auch mal eine Runde im Sattel drehen, ohne viel Geld ausgeben zu müssen. Auch Gabriele Neff von den Liberalen schlug sich deshalb auf die Seite der Ponyreit-Freunde, nicht etwa "weil wir gewissenlos oder tierfeindlich sind".

Baumgärtner hatte darauf verwiesen, dass Verstöße gegen den Tierschutz laut Veterinäramt nicht vorlägen. CSU-Mann Pretzl glaubt sogar, dass es den Ponys besser gehe als 90 Prozent der Haustiere in Münchner Wohnungen. Neun Monate im Jahr könnten sie nämlich "auf freier Weide verbringen".

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SZ vom 19.05.2021/wean, van
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