Süddeutsche Zeitung

Interdisziplinäre Veranstaltungsreihe:"Wir wollen als Plattform einen unvoreingenommenen Raum schaffen"

Was passiert, wenn an einem Ort Ausstellungen, Konzerte, Designmarkt, Café und Party aufeinandertreffen? Mali Wychodil und Aki Hertlein haben mit Soma eine Veranstaltungsreihe geschaffen, die Kreative vernetzt, Künstler unterstützt und gleichzeitig die Blasenbildung in München aufbricht.

Von Leila Herrmann

An den Wänden stellen Fotografen und Künstler ihre Werke aus. In der Mitte des Raumes findet eine Tanz-Performance statt. Junge Design-Labels verkaufen Schmuck und Kleidung. Auf einem Teppich kann man T-Shirts im Rahmen eines Workshops bedrucken. An der Bar stehen Menschen an für Kaffee und Drinks. Währenddessen legt ein DJ auf. Die Besucher schauen sich um, machen es sich mit Freunden auf den Sofas gemütlich, bis der nächste Live-Act stattfindet und es wieder etwas Neues zu entdecken gibt.

Mit Soma haben Mali Wychodil, 26, und Aki Hertlein, 31, ein Event ins Leben gerufen, das es ihrer Meinung nach so noch nicht gab in München. Am Tag der Veranstaltung verwandeln sie den Zirka Space in der Dachauer Straße in "einen kleinen Erlebnispark". Sie verbinden verschiedene Kulturprogramme, geben unbekannten Künstlern und Musikern eine Stimme und Bühne und Besuchern einen Ort zum Verweilen und Entdecken.

Im vergangenen Sommer fand das erste Soma statt. Seitdem gab es insgesamt drei Editionen. Jetzt sitzen Mali und Aki in der Küche im Zirka Space, trinken Kaffee und planen das vierte Soma. Sie überlegen, wie sie die leeren Hallen nebenan für das kommende Event füllen wollen. In den Anfängen hatten sie immer schon Flohmarkt, Markt, Showroom, Ausstellung, Hangout, Bar, Café und Party dabei. Jetzt kommen immer mehr Performances, Screenings, Konzerte und Workshops mit dazu. Jedes Mal versuchen sie aufs Neue, das Event zu definieren. Und jedes Mal ist die Definition eine andere. Da Soma kein fixes Format ist, sondern mehrere Formate zusammenfasst, brauchen sie immer diese zusätzlichen Begriffe. "Das ist aber auch das Coole daran, dass es sich jedes Mal mit den Teilnehmenden und den Ausstellern neu formt", sagt Mali. Denn "Soma ist erst einmal der Raum, um etwas zu schaffen, und ein Name, unter dem etwas passieren kann", sagt sie.

Die beiden Frauen haben sich beim Weggehen kennengelernt, ihre Freundschaft hat sich aber erst durch Soma entwickelt. "Wir wollten irgendwas zusammen machen, wussten aber noch nicht was", erzählt Aki. Also haben sie sich im Zirka Space getroffen, da Akis Produktionsagentur dort sitzt. "Wir saßen da draußen unter dem Apfelbaum", sagt Mali und zeigt Richtung Ausgang, "und haben überlegt, was hier möglich wäre." Ihnen ist aufgefallen, dass viele Leute aus ihrem Umfeld coole Sachen machen, es aber noch keine Plattform gab, die es geschafft hat, diese Sachen zusammenzufassen. Hier wollten sie ansetzen.

"Da wir teilweise ein gleiches Netzwerk haben, zum Teil aber auch ein total unterschiedliches, haben wir uns super ergänzt", sagt Aki. "Und weil mir immer der kreative Part fehlt", beginnt Aki, "und mir der organisatorische", wirft Mali ein, "sind wir so ein krasses Match." Das merkt man. Die beiden schauen sich oft an, lachen, ergänzen sich sowohl sprachlich als auch inhaltlich.

Aki ist bei Soma für die Produktion zuständig, also für Abläufe, Planung, Projektmanagement. Sie koordiniert das Catering, verhandelt mit den Teilnehmenden, kümmert sich um alles Bürokratische. Mali übernimmt die Außendarstellung, Kommunikation und Kreativdirektion. Sie entwirft Flyer, Instagram-Posts und kommuniziert mit Journalisten und Followern. Programm und Kuration teilen sie sich. Diese wählen sie dann nach folgenden Kriterien aus: Was hat einen künstlerischen Wert? Lässt sich aus den Bewerbern ein gutes und ausgeglichenes Programm zusammenstellen? Aber auch: Was passt gerade in den Kontext? "Wir versuchen da nicht in strengen Rastern zu denken und wirklich für Bewerbungen aller Art offen zu sein", sagt Mali. Wenn sie jemanden mal nicht ausgewählt haben, dann vielleicht auch nur nicht für die kommende Edition. "Das kann an der Jahreszeit liegen. Das kann aber auch am Überthema liegen. Und manchmal sind wir auch einfach schon voll", erklärt Aki.

Ein Teil der Eintrittsgelder wird für einen guten Zweck gespendet

Ziel war es nie, einen Ort zu schaffen, an dem viel Umsatz gemacht wird, sondern Kreativen eine Plattform ohne finanzielles Risiko zu bieten. "Oft ist schon eine Standgebühr auf einer Messe eine große Hürde. Und diese Hürde wollten wir nehmen", sagt Mali. Leute sollen einen schönen Tag miteinander verbringen, ihre Sachen zeigen, ins Gespräch kommen und Freundschaften schließen. Außerdem wollen Mali und Aki die Blasenbildung in München aufbrechen. "So viele Sachen passieren immer in bestimmten Gruppen. Wir wollen als Plattform einen unvoreingenommenen Raum schaffen", sagt Mali. "Wir haben schon oft das Feedback bekommen, dass sich Leute untereinander vernetzt haben und es neue Sachen angestoßen hat", fügt Aki hinzu.

Die Einnahmen über den Einlass sind bisher in die Refinanzierung des Projekts geflossen, in die Anmeldung beim Kreisverwaltungsreferat, Transporter, Plakate, Flyer. Außerdem wird vom Eintrittspreis immer ein Teil gespendet. Die bisherigen Spendenziele waren Sea Watch, das Import Export und eine Initiative, die Sachspenden für die Ukraine gesammelt hat. Das nächste Mal geht ein Teil der Einnahmen an die Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien.

"Wir haben bisher super viel Unterstützung bekommen, ohne die wir das Projekt gar nicht hätten machen können", sagt Aki. Das HVEM-Studio stellt beispielsweise eine Anlage, Riviera Records das Line-up, die Gastronomen vor Ort tragen das Risiko ohne Mindestumsatz. Momentan verdient niemand etwas daran, in Zukunft wollen sie den Beteiligten aber auch etwas zahlen. "Damit jeder, der viel reinsteckt, auch dafür entlohnt wird", sagt Mali. Dabei ist es ihnen wichtig, dass das nicht die Gäste tragen müssen. "Kulturförderung wäre eine Idee", sagt Aki.

Sie wollen außerdem themenorientierter arbeiten. Bisher hatten sie nie ein übergeordnetes Thema. Das kommende Event wird beispielsweise eine Kooperation mit dem Zirka Space sein und läuft daher unter dem gemeinsamen Motto "movement & bodybased projects", bei dem sie einen Teil des Programms übernehmen. Zudem sind sie offen für weitere Format-Entwicklungen, für "Spin-offs." Im Dezember 2022 hatten sie beispielsweise um die Weihnachtszeit einen Shop unter dem Titel Soma Select mit Labels, die zuvor schon bei einem Event dabei waren. Das könnte man weiterdenken - als "Pop-up in einem Concept Store oder als Workshop-Wochenende in einem Café". Alles in allem ist den beiden dieses Jahr vor allem eines wichtig: Die Plattform und den Namen zu etablieren, sodass sie "die Begriffe, was Soma alles ist, irgendwann nicht mehr brauchen".

Das nächste SOMA findet am Samstag, 18. März, von 13-23 Uhr im Zirka Space in der Dachauer Straße 110c statt.

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